11.09.2019 Drucksache 6/7721Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 7. Oktober 2019 Bau von Windkraftanlagen zwischen Mohlis und Nödenitzsch ohne bestandskräftige Baugenehmigung? Die Kleine Anfrage 4068 vom 31. Juli 2019 hat folgenden Wortlaut: Derzeit werden auf einem Feld zwischen den Gemeinden Mohlis und Nödenitzsch vier Windkraftanlagen errichtet. Medienberichten zufolge sei nach Ansicht des Thüringer Landesamts für Umwelt, Bergbau und Naturschutz und inzwischen auch des Landratsamts Altenburger Land die Genehmigung dafür nicht bestandskräftig , da schwerwiegende Bedenken grundsätzlicher Art und zahlreiche Widersprüche bestünden. Trotz dessen läuft der Bau der Anlagen aufgrund eines Antrags des Betreibers vom 28. Juni 2018 auf sofortige Vollziehung der Genehmigung. Ich frage die Landesregierung: 1. Gibt es seitens des Thüringer Landesamts für Umwelt, Bergbau und Naturschutz Bedenken gegen und Ablehnungsgründe für den Bau der betroffenen Windkraftanlagen? Wenn ja, welche? 2. Welche bedrohten beziehungsweise geschützten Tierarten sind vom Bau der vier Windkraftanlagen zwischen Mohlis und Nödenitzsch betroffenen und wie groß sind die betroffenen Wildtierpopulationen? 3. Unterschreiten die gegenständlichen Windkraftanlagen den empfohlenen Abstand zu Waldrändern von 200 Metern und falls ja, wie weit stehen die Anlagen von den nächstgelegenen Waldrändern, Einzelhäusern und Ortschaften entfernt? 4. Über welche Leistungsmerkmale verfügen die vier Windkraftanlagen jeweils (bitte nach Hersteller, Modell , installierter Leistung, Nabenhöhe, Höhe inklusive Rotorblätter, Gewicht, Dimensionen der Fundamente und geplanter Nutzungsdauer aufschlüsseln)? 5. Wie viele Einsprüche beziehungsweise Widersprüche liegen nach Kenntnis der Landesregierung derzeit gegen die vier gegenständlichen Windkraftanlagen vor und welche Inhalte haben diese Eingaben? 6. Wann, wie und wie oft wurden im Vorfeld die betroffenen Bürger und Vereine in den Gemeinden Mohlis und Nödenitzsch durch die zuständigen Behörden in das Bauvorhaben miteinbezogen und welche Umwelt - und Naturschutzvereine wurden im Vorfeld durch die zuständigen Behörden angehört? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Rudy (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7721 7. Aus welchen Gründen wurde dem Antrag der Betreiberfirma auf sofortige Vollziehung der Genehmigung durch das Landratsamt Altenburger Land stattgegeben und warum wurden die bis dahin eingegangenen Einsprüche beziehungsweise Widersprüche und die möglicherweise nicht bestehende Bestandskraft der Baugenehmigung nicht berücksichtigt? 8. Beabsichtigen die zuständigen Landes- und Kommunalbehörden einen Baustopp für die im Bau befindlichen vier Windkraftanlagen zu verfügen? Falls nicht, warum nicht? 9. Sollten die Einsprüche beziehungsweise Widersprüche gegen die vier Windkraftanlagen erfolgreich sein: Innerhalb welchen Zeitraums und auf wessen Kosten sollen die Windkraftanlagen zurückgebaut werden und welche Behörden sollen dies wie überwachen? 10. Werden die derzeit im Bau befindlichen Windkraftanlagen zwischen Mohlis und Nödenitzsch durch Mitarbeiter der zuständigen Kommunal- und Landesbehörden durch Vor-Ort-Kontrollen überwacht und wenn nicht, warum nicht? 11. Falls keine Kontrolltätigkeiten im Baugebiet durch die zuständigen Kommunal- und Landesbehörden durchgeführt werden: Wie informieren sich die zuständigen Behörden über die weiteren Baufortschritte der Anlagen? Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 11. September 2019 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Nein; zuständige Genehmigungsbehörde für den Antrag auf Errichtung und Betrieb der Windkraftanlagen war die untere Immissionsschutzbehörde des Landratsamts Altenburger Land. Das Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz hat im Rahmen seiner Zuständigkeit als immissionsschutzrechtliche Widerspruchsbehörde im Ergebnis seiner Prüfung einen gegen den Genehmigungsbescheid des Landratsamts eingelegten Widerspruch mit Bescheid vom 7. August 2019 als unzulässig zurückgewiesen (siehe Antwort zu Frage 5). Zu 2.: Nach Auskunft des zuständigen Landratsamts wurden folgend aufgezählte artenschutzrechtlich relevanten Tierarten vom Vorhabenträger kartiert. Für die Vögel ist die Anzahl in Brutpaaren (BP) angegeben. Zur Größe der Populationen der Fledermäuse liegen der Landesregierung keine Angaben vor. Zwergfledermaus Mopsfledermaus Rauhautfledermaus Mückenfledermaus Breitflügelfledermaus Großer Abendsegler Langohrfledermaus Wasserfledermaus Kleiner Abendsegler Zweifarbfledermaus Sonstige Vorkommen im Untersuchungsraum • Amsel 7 BP • Bachstelze 1 BP • Blaumeise 6 BP • Buchfink 8 BP • Bluthänfling 1 BP • Buntspecht 2 BP • Dorngrasmücke 4 BP • Eichelhäher 1 BP • Neuntöter 5 BP • Pirol 3 BP • Rabenkrähe 2 BP • Rebhuhn 1 BP • Ringeltaube 4 BP • Rohrammer 1 BP • Rotkelchen 3 BP • Schafstelze 3 BP 3 Drucksache 6/7721Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode • Feldlerche 29 BP • Feldsperling 1 BP • Gartenbaumläufer 1 BP • Gartengrasmücke 1 BP • Gelbspötter 2 BP • Goldammer 6 BP • Grauschnäpper 2 BP • Grünspecht 1 BP • Kernbeißer 3 BP • Kleiber 3 BP • Kohlmeise 8 BP • Kolkrabe 1 BP • Mäusebussard 2 BP • Mönchsgrasmücke 7 BP • Nachtigall 3 BP • Schwanzmeise 1 BP • Schwarzmilan 1 BP • Singdrossel 1 BP • Sommergoldhähnchen 1 BP • Star 4 BP • Stieglitz 1 BP • Sumpfrohrsänger 2 BP • Trauerschnäpper 1 BP • Wacholderdrossel 1 BP • Wachtel 10 BP • Waldkauz 1 BP • Waldlaubsänger 2 BP • Waldohreule 1 BP • Zaunkönig 4 BP Zu 3.: In dem Kriterienkatalog für die Ausweisung von Vorranggebieten Windenergie des Regionalplanentwurfs der Regionalen Planungsgemeinschaft Ostthüringen vom 30. November 2018 ist für die Errichtung von Windkraftanlagen ein Abstand von bis zu 200 Meter vom Waldrand im Einzelfall enthalten. Die nachgefragten Mindestentfernungen betragen circa 100 Meter vom Waldrand bis zum Turm, circa 790 Meter bis zum nächstgelegenen Einzelhaus und mehr als 1.000 Meter zu allen Ortschaften in der Umgebung. Zu 4.: Bei den genehmigten Windkraftanlagen handelt es sich um Anlagen des Typs Vestas Wind System A/S / V 136 mit einer installierten Leistung von je 3,45 Megawatt, einer Nabenhöhe von 149 Meter, einer Gesamthöhe von 217 Meter und einem Gesamtgewicht (Windkraftanlage und Fundament) von circa 2.500 Tonnen. Die Fundamente haben einen Durchmesser von 24 Meter und eine Gründungstiefe von 2,40 Meter am Fundamentrand und bis 3,50 Meter direkt unter dem Mast. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Betrieb der vier Windkraftanlagen gilt unbefristet. Daher kann die Landesregierung keine Angaben über die geplante Nutzungsdauer der Windkraftanlagen machen. Zu 5.: Derzeit liegen nach Kenntnis der Landesregierung keine Einsprüche (im Sinne von Einwendungen) oder Widersprüche vor. Im Rahmen der öffentlichen Auslegung des Antrags und der dazugehörigen Unterlagen (siehe Antwort zu Frage 6) gingen drei Einwendungen gegen das Vorhaben beim Landratsamt Altenburger Land ein. Schwerpunkte dieser Einwendungen waren: - Naturschutz (mögliches Rotmilan-Habitat), - Beeinflussung des Landschaftsbilds, - mögliche Lärmbelästigung, Infraschall, Schattenwurf und - mögliche Konflikte mit technischer Infrastruktur (Fernwasserleitung). Die Einwendungen wurden im Rahmen der am 19. Oktober 2017 durchgeführten Erörterung besprochen und im Genehmigungsbescheid entsprechend gewürdigt. Nach der Erteilung der Genehmigung im Januar 2018 sind zwei Widersprüche gegen den Bescheid im Landratsamt eingegangen. Inhaltlich bezogen sich die Widersprüche im Wesentlichen auf: - Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Windkraftanlagen im Allgemeinen, - Ablehnung der Ausweisung des Windvorranggebiets im aktuellen Entwurf des Regionalplans Ostthüringen , - befürchtete gravierende Bedrohung der Gesundheit der Einwohner (Geräuschpegel, Infraschall, Schlagschatten ), - Bedrohung der Flora und Fauna, - Nähe zur Ortsbebauung und Höhe der Windkraftanlagen und - Zweifel an der Durchsetzbarkeit der Auflagen und Nebenbestimmungen im Genehmigungsbescheid. Da diesen durch das Landratsamt nicht abgeholfen werden konnte, wurden sie zuständigkeitshalber an die Widerspruchsbehörde (Thüringer Landesverwaltungsamt, jetzt: Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz) abgegeben. Ein Widerspruch wurde Anfang des Jahres 2019 zurückgezogen. Der ande- 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7721 re Widerspruch wurde mit Bescheid des Thüringer Landesamts für Umwelt, Bergbau und Naturschutz vom 7. August 2019 als unzulässig zurückgewiesen. Gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheids durch das Landratsamt Altenburger Land vom September 2018 wurde keine Klage von Dritten beim Verwaltungsgericht Gera eingereicht . Zu 6.: Da nach Einschätzung der zuständigen Behörde im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens für die Errichtung und den Betrieb der Windkraftanlagen eine Prüfung der Umweltverträglichkeit erforderlich war, wurde ein Verfahren unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt. Die Bürger und Vereine der Region wurden im Juli 2017 über das Amtsblatt, die Internetseite des Landratsamts Altenburger Land sowie die Tagespresse (Ostthüringer Zeitung/Osterländer Volkszeitung) durch die zuständige Genehmigungsbehörde über das Vorhaben informiert. In der Information wurde darauf hingewiesen , dass an mehreren genauer bezeichneten Orten im Landkreis im August und September 2017 die Öffentlichkeitsbeteiligung stattfindet, bei der die Antragsunterlagen zu jedermanns Einsichtnahme ausliegen . Den Bürgern und Vereinen, unter anderem den Umwelt- und Naturschutzvereinen, wurde damit die Möglichkeit gegeben, sich zu dem beantragten Vorhaben zu äußern und ihre Position im Rahmen einer öffentlichen Erörterung am 19. Oktober 2017 darzulegen. Zu diesem Erörterungstermin erschienen keine Einwender und auch keine Bürger oder Vereine. Trotzdem wurde eine Erörterung der eingegangenen Einwendungen durchgeführt (siehe Antwort zu Frage 5). Zu 7.: Bezüglich der während des Genehmigungsverfahrens eingegangenen Einwendungen wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung wurde erlassen, da nach Prüfung der Genehmigungsbehörde das öffentliche Interesse und das überwiegende Interesse der Antragstellerin an der alsbaldigen Inbetriebnahme der Windkraftanlagen nach Maßgabe des § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung gegenüber den Interessen der Widerspruchsführer an der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs überwogen. Ein überwiegend öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts ist grundsätzlich dann anzunehmen, wenn der Verwaltungsakt bei überschlägiger Würdigung der Sach- und Rechtslage offensichtlich rechtmäßig ist und keine anderweitig gewichtigen privaten Interessen vorliegen, die es rechtfertigen , trotzt offensichtlicher Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts den Antragsteller vorläufig am Vollzug der Genehmigung zu hindern. Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts ergaben sich auch nach Bewertung der Argumente der Widerspruchsführer nicht. Zu 8.: Nein; ein Baustopp kann nicht erlassen werden, da hierfür die entsprechende Rechtsgrundlage fehlt. Zu 9.: In Bezug auf die während des Genehmigungsverfahrens erhobenen Einwendungen wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. Der einzig noch verbliebene Widerspruch wurde mit Bescheid des Thüringer Landesamts für Umwelt, Bergbau und Naturschutz vom 7. August 2019 zurückgewiesen. Sollte die Widerspruchsführerin gegen den Genehmigungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids Klage vor dem Verwaltungsgericht Gera erheben und sollte ein Gericht in letzter Instanz feststellen, dass die Genehmigung nicht hätte erteilt werden dürfen, sind die Windkraftanlagen durch die Antragstellerin unter Überwachung/Anordnung des Landratsamts eigenständig und auf eigene Kosten zurückzubauen. Zudem liegt dem Landratsamt Altenburger Land die im Genehmigungsbescheid geforderte Sicherheitsleistung zur Absicherung der Beseitigung der vier Windkraftanlagen und zur Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustands der Grundstücke vor. Zu 10.: Die Immissionsschutzbehörde des Landkreises überwacht die Errichtung und den Betrieb der Anlagen gemäß § 52 Bundes-Immissionsschutzgesetz. Die Überwachung beinhaltet dabei nicht die technische Anlage als solche, da Windkraftanlagen in Deutschland im Wesentlichen typengeprüfte und bauartzugelassene Komponentenbauwerke sind. 5 Drucksache 6/7721Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 11.: Im Genehmigungsbescheid ist geregelt, dass der Betreiber den Baubeginn, die Fertigstellung und die Inbetriebnahme der Windkraftanlagen gegenüber dem Landratsamt anzuzeigen hat. Aufgrund der Anzeige über den Termin der Inbetriebnahme wird eine Abnahme der Windkraftanlagen durch das Landratsamt unter Einbeziehung aller im Genehmigungsverfahren beteiligten Fachbehörden erfolgen. Siegesmund Ministerin Bau von Windkraftanlagen zwischen Mohlis und Nödenitzsch ohne bestandskräftige Baugenehmigung? Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Zu 10.: Zu 11.: