25.09.2019 Drucksache 6/7800Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 16. Oktober 2019 Erhalt von Wäldern und Einzelbaumstandorten Die Kleine Anfrage 4075 vom 8. August 2019 hat folgenden Wortlaut: Täglich berichten die Medien in Thüringen und bundesweit über die aktuell dramatische Situation in den Wäldern und das Baumsterben, hauptsächlich verursacht durch Borkenkäferbefall und anhaltende Trockenheit. Derzeit werden vielerorts davon betroffene Bäume gefällt. Forstarbeiter und Eigentümer von solchen betroffenen Waldflächen kämpfen mit einer katastrophalen Situation. Maßnahmen zum Waldumbau und entsprechende Neuanpflanzungen sollen und können nur mittel- und langfristig helfen. Der Wald generell und speziell auch Bäume und Alleen in Stadt- oder Ortsgebieten haben eine wichtige Funktion für ein gesundes Wohn- und Lebensklima in den Städten und Gemeinden. Viele Städte haben die Bürger aufgerufen, täglich die Bäume in ihrem Wohnumfeld mit Wasser zu versorgen, um ein Vertrocknen zu vermeiden. Städteplaner in Deutschland haben Ideen entwickelt, um zur Wohnklimaverbesserung mehr Grün in eng bebaute Wohnviertel zu bringen oder bei Neubauten auch begrünte Fassaden oder Dächer vorzusehen. Dem gegenüber steht die Politik der aktuellen Landesregierung, nach der auch derzeit noch intakte Wälder oder Baumbestände zum Bau von Windkraftanlagen und deren Zuwegung eingeschlagen werden sollen oder aufgrund von bereits erteilten oder künftig geplanten Baugenehmigungen für Windkrafträder solche Fällungen noch gesunder Baumbestände in naher Zukunft bereits anstehen. Weiterhin zeigt ein aktueller Fall aus dem Wahlkreis der Fragestellerin auf, dass es für Kommunen lukrativer ist, neue große Bäume als Ersatzbepflanzung unter Nutzung von Fördermitteln anzuschaffen als vorhandene, vom Gutachten als erhaltungswürdig eingestufte alte Baumbestände zu erhalten, weil die Kosten für deren Kronenrückschnitt und Wurzelbehandlung bei Tiefbauarbeiten von der Kommune allein zu tragen wären. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Waldgebiete in Thüringen sind aktuell als künftige oder künftig mögliche Windvorranggebiete eingestuft, beantragt oder als solche bereits in den Teilplänen Wind durch die regionalen Planungsgemeinschaften beschlossen worden (bitte Ortsangaben und Flächenangaben für die jeweils zu rodenden Waldstandort- und Zuwegungsflächen angeben)? 2. Welche Baumarten oder anderen Gehölze werden von den Rodungen unter Frage 1 vorrangig betroffen sein? 3. Plant die Landesregierung aufgrund der akuten Situation des Baumsterbens bei ihrer grundsätzlichen politischen Ausrichtung zur Nutzung von Waldflächen für Windvorranggebiete Änderungen vorzunehmen und falls ja, welche und wann? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Lehmann (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7800 4. Wird die Landesregierung bei den für Windvorranggebiete geplanten Waldflächen den Planungsgemeinschaften Änderungen vorschlagen und falls ja, wann und welche? 5. Aus welchem Grund werden Erhaltungsmaßnahmen an erhaltenswürdigen alten oder großen Bäumen nicht gefördert? Beabsichtigt die Landesregierung, gegebenenfalls auch auf Bundesebene und auch für beschlossene Sanierungsgebiete, sich für eine solche künftige Förderung einzusetzen? Das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft hat die Kleine Anfrage namens der Landesre gierung mit Schreiben vom 24. September 2019 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Der als Anlage beigefügten Tabelle sind die ausgewiesenen oder geplanten Vorranggebiete Windenergie in den vier Planungsregionen in Thüringen, in die Waldflächen integriert wurden, zu entnehmen. Der Flächenanteil von Wald innerhalb der aufgeführten Vorranggebiete Windenergie variiert zwischen 0,1 Prozent und 100 Prozent. Das bedeutet, dass aus der Information, dass sich Waldflächen innerhalb eines Vorranggebiets Windenergie befinden, nicht abgeleitet werden kann, dass für die Errichtung von Windenergieanlagen innerhalb dieses Vorranggebiets auch zwangsläufig Waldflächen gerodet werden müssen. Da zum Zeitpunkt der Festlegung von Vorranggebieten Windenergie noch nicht feststeht, wo innerhalb des Vorranggebiets wie viele Windenergieanlagen errichtet werden sollen, können keine Orts- und Flächenangaben für die jeweils zu rodenden Waldstandort- und Zuwegungsflächen gemacht werden. Dies ist erst möglich, wenn ein konkretes Windparkprojekt zur Vorprüfung gemäß § 9 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) oder zur Genehmigung nach § 10 BImSchG vorgelegt wird. Dann sind die Standorte der Windenergieanlagen und die Zuwegungen flurstücksscharf darstellt. Zu 2.: Angaben über die zu rodenden Baumarten oder anderen Gehölze können erst dann gemacht werden, wenn feststeht, wo und wie viele Windenergieanlagen in einem Vorranggebiet Windenergie errichtet werden sollen . Dies ist zum Zeitpunkt der Aufstellung der Regionalpläne beziehungsweise der Teilpläne Windenergie noch nicht möglich, sondern erst zu dem Zeitpunkt, zu dem ein konkretes Windparkprojekt zur Vorprüfung gemäß § 9 BImSchG oder zur Genehmigung nach § 10 BImSchG vorgelegt wird. Zu 3.: Die Landesregierung prüft fortlaufend das Ausmaß der Schadensereignisse im Wald, sei es durch den Borkenkäfer oder die Folgen der Dürre. Daraus können Prognosen abgeleitet werden. Es wird auch ein Monitoring einsetzen. Die aktuelle Diskussion über Ursachen und Folgen der Klimaentwicklung ist nach Einschätzung der Landesregierung wichtig, um auf die Bedeutung des Waldes und des Rohstoffs Holz für den Klimaschutz aufmerksam zu machen. Daraus die Schlussfolgerung zu ziehen, die Inanspruchnahme von Wald zugunsten der Errichtung von Windenergieanlagen künftig in Frage zu stellen, wäre jedoch nicht sachgerecht. Gemäß § 10 Abs. 3 Thüringer Waldgesetz sind für die Nutzungsartenänderung von Wald im Gegenzug funktionsgleiche Ausgleichsaufforstungen an anderer Stelle vorzunehmen. Falls die Kompensation nicht über funktionsgleiche Ausgleichsaufforstungen möglich ist, ist die Zahlung einer Walderhaltungsabgabe gesetzlich vorgeschrieben. Diese kann zum Beispiel für die Neuanlage von Wald, aber auch für Maßnahmen innerhalb bestehender Waldflächen genutzt werden, zum Beispiel für den Umbau von Reinbeständen in klimastabile Mischwälder. Zu 4.: Die Landesregierung hat mit dem Maßnahmenplan "Grünes Herz Thüringen. Aktionsplan Wald 2030 ff." klargestellt, dass die Regionalen Planungsgemeinschaften ihre Planung der Vorranggebiete Windenergie im Wald daraufhin zu überprüfen haben, dass Kalamitätsflächen erschlossen werden, um den Waldbestand nicht zusätzlich zu belasten. Soweit möglich, sollen so unversehrte Waldgebiete verschont werden und stattdessen Waldgebiete, die durch Sturm, Trockenheit oder Forstschädlinge ohnehin schon stark devastiert sind, für die Vorranggebiete Windenergie genutzt werden. 3 Drucksache 6/7800Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Die Landesforstanstalt prüft derzeit den Waldzustand in den von den Regionalen Planungsgemeinschaften in ihren Regionalplanentwürfen vorgesehenen Vorranggebieten Windenergie. Die Ergebnisse werden den Regionalen Planungsgemeinschaften zur Verfügung gestellt, so dass die Waldschadensproblematik sachgerecht in die Überarbeitung der Regionalpläne einfließt. Zu 5.: Der Freistaat Thüringen fördert die Sicherung und Entwicklung von Waldbiotopen und -habitaten in ökologisch und naturschutzfachlich wertvollen Wäldern. Gefördert wird in diesem Rahmen auch die Erhaltung von alten Bäumen als Habitatbäume, denen als Strukturelement eine wichtige Aufgabe zur Sicherung der biologischen Vielfalt und der Verbesserung des Erhaltungszustands der natürlichen Lebensräume und Arten zukommt. Die Habitatbäume sollen die natürlichen Prozesse der Besiedelung durch Insekten und Pilze bis zum Zerfall der alten Bäume durchlaufen und in diesem Zeitraum als Lebensstätte einheimischer Vogelarten angenommen werden. Erhaltungsmaßnahmen im Sinne von Baumsanierungen oder Baumpflegen , wie sie zum Beispiel in Städten und Gemeinden praktiziert werden, sind in Waldbeständen deshalb nicht vorgesehen. Die Förderung ist Bestandteil des Entwicklungsplans für den ländlichen Raum in Thüringen und wird aus dem ELER-Fonds kofinanziert. Die Weiterführung dieses ELER-Programms und der Maßnahme "Vertragsnaturschutz im Wald", die auf Bundesebene im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) angeboten wird, ist beabsichtigt. Die Erhaltung von Habitatbäumen ist nur auf Waldflächen gemäß § 2 Thüringer Waldgesetz förderfähig. Fördermöglichkeiten für Bäume außerhalb des Waldes, wie zum Beispiel in Siedlungsflächen, bestehen im Rahmen der Forstförderung nicht. Im Rahmen der Richtlinie des Freistaats Thüringen zur Förderung des kommunalen Straßenbaus (RL-KSB) werden grundsätzlich alle mit der Straßenbaumaßnahme zusammenhängenden Kosten gefördert, sofern sie nicht von Dritten zu tragen sind. Zu den geförderten Baukosten gehören unter anderem auch die mit der Maßnahme verbundenen Vermeidungs -, Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen im Zusammenhang mit einem umweltgerechten Straßenbau. Zu den Vermeidungsmaßnahmen gehören insbesondere auch Schutzmaßnahmen zum Erhalt von Bäumen. Sind diese notwendigen Schutzmaßnahmen jedoch auf die Anlagen Dritter zurückzuführen, die nicht zur Fördermaßnahme gehören (zum Beispiel Leitungen eines Versorgungsunternehmens), sind diese Schutzmaßnahmen im Rahmen des KSB nicht förderfähig. Kronenrückschnitte von Bäumen gehören zu Unterhaltungsleistungen der Kommune oder gegebenenfalls Dritter und sind daher im Rahmen des KSB auch nicht förderfähig. Keller Ministerin 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7800 Anlage Waldgebiete in Thüringen, die aktuell als künftige oder künftig mögliche Vorranggebiete Windenergie eingestuft, beantragt oder als solche bereits in den Teilplänen Wind durch die Regionalen Planungsgemeinschaften beschlossen wurden Planungsregion Bezeichnung des Waldgebiets Vorranggebiet Gemeinde(n) Ostthüringen Waldparzellen südöstlich von Wildenbörten W-1 Drogen Drogen, Nöbdenitz, Schmölln Wald östlich von Thonhausen W-3 Thonhausen Thonhausen Wald östlich von Oberndorf W-6 Kraftsdorf Kraftsdorf Waldgebiet südlich von Großsaara W-7 Großsaara Hundhaupten, Münchenbernsdorf, Saara Wald östlich von Chursdorf W-10 Seelingstädt/Chursdorf Seelingstädt Wald westlich von Bernsgrün W-13 Bernsgrün Zeulenroda-Triebes Wald südöstlich von Triptis W-14 Gütterlitz Auma-Weidatal, Triptis Wald nordöstlich von Großhelmsdorf W-15 Heideland/Lindau Heideland, Schkölen Waldparzelle östlich von Frauenprießnitz W-16 Frauenprießnitz Frauenprießnitz, Schkölen, Thierschneck Waldgebiet westlich von St. Gangloff W-20 Eineborn/St. Gangloff Eineborn, Mörsdorf, St. Gangloff, Tautendorf Wald nördlich von Bucha W-21 Bucha/Coppanz Bucha Waldgebiet südlich von Schmieritz W-24 Schmieritz Linda b. Neustadt an der Orla, Neustadt an der Orla, Schmieritz Waldgebiet nordöstlich von Schleiz W-26 Löhma Löhma Wald östlich von Unterkoskau W-28 Tanna/Unterkoskau Tanna Wald westlich von Gefell W-29 Hirschberg Gefell, Hirschberg Waldparzellen östlich von Gebersreuth W-30 Gefell/Gebersreuth Gefell Waldgebiet nördlich von Treppendorf W-31 Remda-Teichel/Treppendorf Remda-Teichel Wald nordwestlich von Schilbach W-39 Tanna/Schilbach Tanna Nordthüringen Wald westlich von Hörningen W-1 Nordhausen/Hörningen Nordhausen, Werther Waldinsel südöstlich von Helbedündorf W-5 Helbedündorf/Holzthaleben Helbedündorf Wald nordwestlich von lmmenrode W-6 Sondershausen/lmmenrode Sondershausen Waldinsel nördlich von Westerengel W-8 Westerengel/Kirchengel Großenehrich Waldgebiet nordwestlich von Beberstedt W-13 Dünwald Dünwald Wald nordöstlich von Kirchheilingen W-16 Kirchheilingen Kirchheilingen, Bruchstedt, Tottleben Waldinsel östlich von Hornsömmern W-17 Kutzleben Kutzleben, Hornsömmern Waldinsel südlich von Wiegleben W-19 Bad Langensalza/Wiegleben Bad Langensalza Wald nördlich von Kirchohmfeld W-23 Leinefelde-Worbis/Kaltohmfeld Leinefelde-Worbis Südwestthüringen Waldgebiet Reitenberg nördlich von Neukirchen W-1 Reitenberg Eisenach, Mihla, Krauthausen Waldgebiet Hintere Heide westlich von Dietlas W-3 Martinroda Vacha, Krayenberggemeinde Waldgebiet östlich von Stadtlengsfeld W-4 Stadtlengsfeld Stadtlengsfeld, Krayenberggemeinde, Leimbach, Bad Salzungen, Weilar Waldgebiet südwestlich von Springstille W-5 Springstille Springstille, Schmalkalden, Christes Waldgebiet nördlich von Grub W-6 Oberstadt Oberstadt, Suhl, Grub, Eichenberg Waldgebiet nordöstlich von Gethles W-7 Schleusingen Schleusingen Waldgebiet östlich von Eisfeld W-8 Eisfeld-Ost Eisfeld, Sachsenbrunn Waldgebiet östlich von Föritz W-9 Judenbach-Föritz Judenbach, Föritz Mittelthüringen Waldinseln nordwestlich von Teutleben W-1 Teutleben/Mechterstädt Hörsel Wald östlich von Göttern W-17 Göttern Magdala Quellen: Entwurf des Regionalplans Ostthüringen mit integriertem 2. Entwurf des Abschnitts 3.2.2 Vorranggebiete Windenergie vom 30. November 2018; Entwurf des Regionalplans Nordthüringen 30. Mai 2018; Entwurf des Regionalplans Südwestthüringen vom 27. November 2018; sachlicher Teilplan Windenergie Mittelthüringen vom 11. Dezember 2018; Zuarbeit der obersten Forstbehörde Erhalt von Wäldern und Einzelbaumstandorten Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Anlage