27.09.2019 Drucksache 6/7814Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 18. Oktober 2019 Notrufe in den Thüringer Rettungsleitstellen und deren Weiterleitung Die Kleine Anfrage 3936 vom 6. Juni 2019 hat folgenden Wortlaut: Mir wurde von einem Beteiligten folgender Sachverhalt geschildert: Am frühen Nachmittag des 4. Juni 2019 verabredete sich ein Bürger in Buttelstedt im Landkreis Weima rer Land mit einer Bekannten zu einem Treffen gegen 17 Uhr. Als der Bürger nicht erschien, suchte ihn die Bekannte zu Hause auf und fand ihn leblos, mit "Schaum vor dem Mund" vor. Da der Mann nicht reagierte und nicht erweckbar war, wählte man gegen 17:30 Uhr die Notrufnummer 112. Durch die zuständige Ret tungsleitstelle Weimarer Land sei zunächst keine Aktion veranlasst worden, sondern, deutlich nach Beginn der Dienstzeit des Kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes, gegen 18:40 Uhr sei die Kassenärztliche Leit stelle kontaktiert und der Bereitschaftsarzt "zur Erstellung eines Totenscheines" bestellt worden. Die Mel dung einer verstorbenen Person sei 18:30 Uhr eingegangen. Da es noch Nachfragen gab, wandte sich die Disponentin in der Leitstelle des Kassenärztlichen Bereit schaftsdienstes telefonisch an die Angehörigen des mutmaßlich Verstorbenen. Diese korrigierten zunächst die von der Rettungsleitstelle angegeben Alarmierungszeit auf 17:30 Uhr. Dann machte der Sohn des mut maßlich Verstorbenen darauf aufmerksam, dass er sich als Laie außer Stande sähe, einzuschätzen, ob sein Vater noch lebe oder tot sei und nun "endlich einen Arzt erwarte, der das feststellen solle". Der von diesem Sachverhalt informierte Kassenarzt bestand auf die Entsendung eines Rettungswagens, um möglichst schnell den Sachverhalt zu klären. Der Rettungsdienst konnte, mehr als 100 Minuten nach der Erstalarmierung, tatsächlich nur noch den Tod der Person feststellen. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie ist das übliche Verfahren, wenn ein Bürger in einer Thüringer Rettungsleitstelle eine leblose Per son meldet? 2. Hat sich die entsprechende Leitstelle im zuvor geschilderten Sachverhalt regelkonform verhalten und wenn nein, wie kam es zu der Abweichung? 3. Wie hat sich die Zahl der eingehenden Notrufe in den Rettungsleitstellen in den letzten zehn Jahren ent wickelt (bitte nach Leitstellen aufgeschlüsselt)? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Mühlbauer (SPD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7814 4. Unter welchen Bedingungen wird ein Notruf durch die entsprechende Leitstelle nicht mit einem Einsatz des Rettungsdienstes beantwortet? 5. Wie häufig werden Notrufe durch die Rettungsleitstellen an den Kassenärztlichen Bereitschaftsdienst abgegeben? Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, wie häufig diese abgegebenen Einsätze in der Folge dennoch einen Rettungsdiensteinsatz auslösen, weil der Kassenärztliche Bereitschaftsarzt die Situation nicht lösen konnte? 6. Wie häufig lösen Notrufe durch die Rettungsleitstellen gar keine Einsätze aus beziehungsweise wer den abgewiesen? 7. Unterscheidet sich der Umgang mit Notrufen während der Dienstzeit des Kassenärztlichen Bereitschafts dienstes von den übrigen Zeiten? Wenn ja, wie lässt sich das rechtfertigen? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 26. September 2019 wie folgt beantwortet: Zu 1. und 2.: Nach § 5 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Thüringer Rettungsdienstgesetz (ThürRettG) nehmen die Landkreise, kreis freien Städte beziehungsweise Rettungsdienstzweckverbände die Aufgaben des bodengebundenen Ret tungsdienstes mit Ausnahme der notärztlichen Versorgung im eigenen Wirkungskreis wahr. Dies um fasst auch die Einrichtung und den Betrieb Zentraler Leitstellen nach § 14 Abs. 1 ThürRettG. Die konkrete Ausgestaltung des bodengebundenen Rettungsdienstes, einschließlich der Art und Weise der Vermittlung rettungsdienstlicher Einsätze durch die Zentralen Leitstellen, obliegt im Rahmen der Gesetze den kommu nalen Selbstverwaltungsträgern. Das Land hat insoweit lediglich die Rechtsaufsicht. Somit ist der Überprüfungsumfang des Landesverwal tungsamtes als zuständiger Rechtsaufsichtsbehörde auf die Einhaltung der landesrechtlichen (Rahmen) Vorgaben beschränkt. Nach fachlicher Bewertung des Landesverwaltungsamtes wurde im konkreten Fall die Vorgabe in Nr. 7.2 Landesrettungsdienstplan für den Freistaat Thüringen für den Einsatz von Rettungsmitteln und den Ein satz eines Notarztes nicht eingehalten. Die Ursachen werden durch den Aufgabenträger und die zuständi ge Rechtsaufsichtsbehörde zurzeit analysiert. Ob der Träger der Zentralen Leitstelle über die landesrechtliche Vorgabe hinaus weitergehende Dispositi onsanweisungen erteilt hat, ist dem Landesverwaltungsamt nicht bekannt. Zu 3.: Die Anzahl aller in den Zentralen Leitstellen unter der Notrufnummer 112 eingehenden Anrufe wird auf der Landesebene nicht statistisch erfasst. Das Landesverwaltungsamt erfasst in einer jährlichen LeitstellenStatistik diejenigen Anrufe, die in den je weiligen Zentralen Leitstellen als Notfallereignisse bearbeitet werden, das heißt bei denen eine medizini sche Indikation vorliegt. Die Anzahl der in den letzten zehn Jahren in den Zentralen Leitstellen bearbeiteten Notfallereignisse sind in der Anlage dargestellt. Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass die Anzahl der von den Zentralen Leitstellen bearbeiteten Notfallereignisse nicht identisch ist mit der Anzahl der Notfallereignisse, die vom Landesverwaltungsamt im Zusammenhang mit der Hilfsfristauswertung erfasst werden. Hilfsfristrelevant sind die tatsächlich dispo nierten und abrechenbaren Notfallrettungseinsätze von Rettungstransportwagen und Notarzteinsatzfahr zeugen. Beispielsweise sind Hilfeersuchen für den kassenärztlichen Bereitschaftsdienst, die an die Vermitt lungsstelle 116 117 der Kassenärztlichen Vereinigung ThüringenNotdienst Service gGmbH weitergegeben werden, keine hilfsfristrelevanten Notfallereignisse. 3 Drucksache 6/7814Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 4.: Sofern es sich bei einem Patienten um einen Notfallpatienten handelt, erfolgt der Einsatz von Rettungs mitteln im Rahmen der Notfallrettung. Nach § 3 Abs. 1 ThürRettG sind Notfallpatienten Verletzte oder Er krankte, die sich in Lebensgefahr befinden oder bei denen schwere gesundheitliche Schäden zu befürch ten sind. Die Dispositionsentscheidung zum Einsatz von Rettungsmitteln und zum Einsatz eines Notarztes erfolgt nach dem Indikationskatalog für den Notarzteinsatz nach Nr. 7.2 Landesrettungsdienstplan für den Freistaat Thüringen. Zu 5. bis 7.: Es wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. Die erfragten Informationen sind nicht Gegen stand der Rechtsaufsicht und werden daher vom Landesverwaltungsamt nicht statistisch erfasst. Maier Minister 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7814 Anlage A nz ah l d er d ur ch d ie Z en tr al en L ei ts te lle n be ar be ite te n N ot fa lle re ig ni ss e im R et tu ng sd ie ns t Ze nt ra le L ei ts te lle 20 09 20 10 20 11 20 12 20 13 20 14 20 15 20 16 20 17 20 18 W ar tb ur gk re is (W A K +E A ) 25 .0 13 25 .6 49 27 .1 12 27 .4 88 27 .9 13 29 .3 75 30 .9 14 32 .6 33 33 .5 40 33 .7 63 N or dh au se n (a b 20 14 m it K Y F) 14 .7 78 14 .8 22 15 .4 56 15 .6 83 16 .2 23 27 .6 82 30 .3 05 32 .0 42 33 .2 04 34 .7 81 K yf fh äu se rk re is 10 .3 08 9. 59 9 9. 99 0 10 .8 99 8. 11 8 ab 2 01 4 m it zu N D H G er a (+ A B G +G R Z) 50 .0 00 49 .8 62 50 .8 38 51 .7 93 54 .6 33 55 .5 13 57 .0 22 57 .6 47 57 .3 18 57 .6 51 W ei m ar er L an d 11 .4 04 11 .6 42 11 .5 90 11 .9 38 13 .0 84 13 .1 09 15 .2 15 15 .4 92 15 .5 18 14 .1 67 R D ZV S üd th ür in ge n (S H L+ H BN +S O N ) 29 .0 65 29 .2 63 29 .5 30 30 .9 08 31 .4 42 31 .6 01 33 .7 91 33 .7 70 33 .8 88 36 .1 12 U ns tru tH ai ni ch K re is 17 .5 21 18 .4 12 18 .6 95 19 .7 52 19 .6 20 20 .2 22 21 .8 22 22 .5 47 22 .0 55 22 .4 99 S aa lfe ld R ud ol st ad t ( S LF +S O K ) 28 .1 06 29 .6 81 29 .7 68 31 .2 63 32 .6 96 32 .8 62 33 .6 42 34 .2 36 34 .2 15 32 .8 77 E ic hs fe ld 16 .2 64 17 .1 94 17 .8 21 17 .9 56 18 .1 29 18 .8 48 17 .1 88 16 .6 18 16 .8 33 16 .3 71 G ot ha 15 .2 45 16 .1 34 16 .4 69 20 .1 72 20 .8 41 19 .9 99 21 .0 68 25 .5 09 27 .2 91 21 .1 23 Ilm K re is 14 .7 50 14 .7 95 15 .1 09 15 .3 80 14 .5 27 14 .5 42 16 .2 82 17 .3 12 16 .6 53 17 .9 50 S ch m al ka ld en M ei ni ng en 11 .2 50 12 .1 67 11 .8 72 11 .0 74 12 .2 70 11 .2 96 11 .6 30 12 .5 29 13 .4 45 13 .0 56 Je na (J +W E +S H K ) 27 .7 73 27 .5 83 27 .7 19 29 .2 06 30 .6 98 31 .1 09 32 .6 40 33 .3 90 33 .6 63 32 .4 44 E rfu rt (E F+ S Ö M ) 24 .3 59 24 .8 54 25 .2 93 25 .4 89 26 .5 02 27 .2 62 29 .0 84 29 .0 92 29 .0 87 30 .1 40 Su m m e 29 5. 83 6 30 1. 65 7 30 7. 26 2 31 9. 00 1 32 6. 69 6 33 3. 42 0 35 0. 60 3 36 2. 81 7 36 6. 71 0 36 2. 93 4 A bk ür zu ng : R D ZV = R et tu ng sd ie ns tz w ec kv er ba nd Notrufe in den Thüringer Rettungsleitstellen und deren Weiterleitung Ich frage die Landesregierung: Zu 1. und 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5. bis 7.: Anlage