27.09.2019 Drucksache 6/7815Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 18. Oktober 2019 Besetzung kommunaler Ausschüsse in der Folge der Bildung von sogenannten Ausschuss - beziehungsweise Zählgemeinschaften in Thüringen Die Kleine Anfrage 3960 vom 26. Juni 2019 hat folgenden Wortlaut: Nach den Kommunalwahlen am 26. Mai 2019 werden auch die kommunalen Ausschüsse neu gebildet und besetzt. Die gesetzlichen Regelungen sind in den §§ 26 und 27 sowie 105 Thüringer Kommunalordnung (ThürKO) enthalten. Bei der Zusammensetzung der Ausschüsse hat der Gemeinderat/Kreistag nach § 27 Abs. 1 ThürKO dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen Rechnung zu tragen . Soweit Fraktionen bestehen, sind diese der Berechnung zugrunde zu legen. Zudem können Gemeinderatsmitglieder, die aus eigener Stärke kein Stimmrecht in einem Ausschuss erreichen , sich zur Entsendung gemeinsamer Vertreter in die Ausschüsse zusammenschließen (Bildung einer Ausschuss- beziehungsweise Zählgemeinschaft). Durch Rechtsprechung (vergleiche Bundesverwaltungsgericht, Az.: 8 C 18/03, Urteil vom 10. Dezember 2003 sowie Az.: 8 C 17/03, Urteil vom 9. Dezember 2009) wurde klargestellt, dass der kommunale Ausschuss ein Abbild des Gemeinderats/Kreistags sein muss (sogenannte Spiegelbildlichkeit). Dem Fragesteller liegen Informationen vor, wonach bei der Ausschussbesetzung durch die Bildung von Zählgemeinschaften die Ausschussbesetzung derart geändert ist, dass Fraktionen, die einen Sitzanspruch hatten, Ausschusssitze zu Gunsten der Zählgemeinschaften "verloren" haben (unter anderem nach meiner Kenntnis Kreistag Landkreis Weimarer Land). Der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit und das verbindliche Vorschlagsrecht der Fraktionen bei der Ausschussbesetzung werden durch die Option der Bildung von Zählgemeinschaften erheblich beeinflusst. Ich frage die Landesregierung: 1. In welchen Kreistagen und Stadträten der kreisfreien Städte in Thüringen sind nach Kenntnis der Landesregierung im Ergebnis der jüngsten Kommunalwahlen bei der Ausschussbesetzung Zählgemeinschaften gebildet worden, und welche Auswirkungen gab es in dem Zusammenhang auf das verbindliche Besetzungsrecht der jeweiligen Fraktionen (bitte Einzelaufstellung)? 2. Von welchen kreisangehörigen Gemeinden in Thüringen gab es im Zusammenhang mit dem Anfragegegenstand Fragen an die zuständigen Rechtsaufsichtsbehörden mit welchen Fragegegenständen und welchen Auskünften (bitte Einzelaufstellung)? 3. Wie bewertet die Landesregierung in dem Zusammenhang die im Anfragetext zitierten Urteile des Bundesverwaltungsgerichts ? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kuschel (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7815 4. Ist es aus Sicht der Landesregierung rechtlich geboten, dass Fraktionen den Anspruch auf Ausschusssitze zu Gunsten von Zählgemeinschaften "verlieren" und wie wird dies auch mit Blick auf die Privilegierung der Fraktionen bei der Ausschussbesetzung begründet? 5. Wie soll nach Ansicht der Landesregierung das "Spannungsfeld" zwischen dem Besetzungsrecht der Fraktionen und der Ausschusssitzbesetzung durch Zählgemeinschaften in der kommunalen Praxis gelöst werden? Welcher gesetzliche Änderungsbedarf besteht aus Sicht der Landesregierung in diesem Zusammenhang? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 24. September 2019 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Dem Thüringer Landesverwaltungsamt als der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde für die kreisfreien Städte und Landkreise ist lediglich ein Fall des von der Fragestellung umfassten Sachverhalts zur Kenntnis gelangt . In diesem Fall hatte sich die Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Kreistag des Landkreises Weimarer Land an das Thüringer Landesverwaltungsamt mit der Beschwerde gewandt, dass die Fraktion DIE LINKE, die ohne die Bildung einer Ausschussgemeinschaft einen Sitz im Kreisausschuss gehabt hätte , diesen aufgrund der Bildung einer Ausschussgemeinschaft verloren habe. Nach dem Antwortschreiben des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 3. Juli 2019 ist es zwar grundsätzlich zutreffend, dass der Kreistag bei der Zusammensetzung der Ausschüsse dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen Rechnung zu tragen hat; soweit Fraktionen bestehen, sind bei der Berechnung diese zu Grunde zu legen (§ 105 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 27 Abs. 1 Satz 3 Thüringer Kommunalordnung - ThürKO). Jedoch können sich Kreistagsmitglieder, die aus eigener Stärke kein Stimmrecht in einem Ausschuss erreichen, nach § 105 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 27 Abs. 1 Satz 5 ThürKO zur Entsendung gemeinsamer Vertreter in einen Ausschuss zusammenschließen und eine sogenannte Ausschussgemeinschaft bilden. Welche Fraktion, Partei oder Wählergruppe aufgrund der Bildung einer Ausschussgemeinschaft einen Sitz im Ausschuss verliert, ergibt sich anhand des Berechnungsverfahrens nach d'Hondt. Im Ergebnis dieser Berechnung hatten die Fraktionen DIE LINKE und CDU gleichen Anspruch auf den letzten Sitz im Kreisausschuss. Für derartige Fälle regelt § 105 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 27 Abs. 1 Satz 6 ThürKO, dass die Fraktion den Sitz erhält, die bei den Wahlen zum Kreistag die höhere Stimmenzahl erlangt hat; bei Stimmengleichheit entscheidet das Los. Bei den letzten Wahlen zum Kreistag erlangte die CDU mehr Stimmen als DIE LINKE, so dass die Fraktion der CDU den letzten Sitz im Kreisausschuss erhielt. Zu 2.: Seitens der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörden wurden folgende Fälle mitgeteilt: Landkreis Gemeinde Fragegegenstand Erteilte Auskünfte Greiz Greiz Allgemeine Beratung zur Berechnung der Sitzverteilung in den Ausschüssen nach dem Hare-Niemeyer-Verfahren. Den Gemeinden wurde die Berechnungsmethode erläutert und dabei auch die Konsequenzen der Bildung von Ausschussgemeinschaften aufgezeigt . Mohlsdorf-Teichwolframsdorf Unstrut- Hainich- Kreis Menteroda Allgemeine Beratung zur Berechnung der Sitzverteilung in den Ausschüssen nach dem Hare-Niemeyer-Verfahren. Der Gemeinde wurde die Berechnungsmethode erläutert. Im Ergebnis der Berechnung wurde festgestellt , dass es keiner Bildung einer Ausschussgemeinschaft bedurfte, da alle Parteien beziehungsweise Wählergruppen mit Ausschusssitzen berücksichtigt wurden. Zu 3.: § 27 Abs. 1 Satz 5 ThürKO lässt die Bildung von sogenannten Ausschussgemeinschaften zur Entsendung gemeinsamer Vertreter in einen Ausschuss für solche Gemeinderatsmitglieder zu, die aus eigener Stärke kein Stimmrecht in einem Ausschuss erreichen würden. Eine Fraktion, Partei oder Wählergruppe, die aus 3 Drucksache 6/7815Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode eigener Stärke bereits einen oder mehrere Ausschusssitze innehat, darf sich daher nach § 27 Abs. 1 Satz 5 ThürKO nicht mit einer anderen Gruppe zusammenschließen, um (vielleicht) einen zusätzlichen Ausschusssitz zu erlangen. § 27 Abs. 1 Satz 5 ThürKO dient ausschließlich dem Minderheitenschutz. Die Ausführungen gelten nach § 105 Abs. 2 Satz 2 ThürKO für die Landkreise entsprechend. Die in der Kleinen Anfrage angeführten Urteile des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 10. Dezember 2003 - 8 C 18.03 und vom 9. Dezember 2009 - 8 C 17.08) stehen den obigen Ausführungen nicht entgegen . Diese Entscheidungen betreffen nicht die Zulässigkeit der Bildung von Ausschussgemeinschaften, die ausschließlich aus Gemeinderatsmitgliedern bestehen, die aus eigener Stärke kein Stimmrecht in einem Ausschuss erreichen. Zu 4.: Wird eine Ausschussgemeinschaft nach § 27 Abs. 1 Satz 5 ThürKO gebildet, ist sie bei der Sitzberechnung nach § 27 Abs. 1 Satz 3 und 6 ThürKO zu berücksichtigen. Diese Berechnung kann ergeben, dass die Sitzvergabe an eine Ausschussgemeinschaft zu Lasten einer Fraktion erfolgt. Die Möglichkeit zur Bildung von Ausschussgemeinschaften besteht nur für Gemeinderatsmitglieder, die aus eigener Stärke kein Stimmrecht in einem Ausschuss erreichen. Sie dient dem Minderheitenschutz. Zu 5: Seitens der Landesregierung wird kein wie von der Fragestellung indiziertes Spannungsverhältnis gesehen. Insoweit wird ein diesbezüglicher Änderungsbedarf auch für nicht notwendig erachtet. Maier Minister Besetzung kommunaler Ausschüsse in der Folge der Bildung von sogenannten Ausschuss- beziehungsweise Zählgemeinschaften in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5: