02.10.2019 Drucksache 6/7825Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 22. Oktober 2019 Hitzeangepasste Baumaßnahmen im städtischen Umfeld in Thüringen Die Kleine Anfrage 4082 vom 15. August 2019 hat folgenden Wortlaut: Aufgrund wetterbedingter Entwicklungen in den Sommermonaten heizen sich auch die geschlossenen Ortschaften in Thüringen immer mehr auf. Insbesondere in Jena, Weimar und Erfurt kommt es dadurch in den Sommermonaten zu immer neuen Hitzerekorden und damit einhergehend auch zu Schäden in der Infrastruktur und zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen der betroffenen Einwohner. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Anstrengungen unternimmt die Landesregierung seit dem Jahr 2014, um die Thüringer Kommunen bei der Umsetzung von hitzeangepassten Baumaßnahmen zu unterstützen und wie hoch sind die Fördermittel, die die Landesregierung seit dem Jahr 2014 hierzu den Gemeinden bereitgestellt hat (bitte nach Jahresscheiben, Einzelplänen, Haushaltstiteln, Haushaltsstellen, Summe der beantragten Fördermittel , Summe der tatsächlich ausgezahlten Fördermittel aufschlüsseln)? 2. Welche EU-, Bundes- und Landesförderprogramme stehen den Thüringer Kommunen zur Verfügung, um hitzeangepasste Baumaßnahmen im Stadtbild verwirklichen zu können, was beinhalten diese EUund Bundesfördermaßnahmen und wie viele Gemeinden haben diese seit dem Jahr 2014 in Anspruch genommen (bitte nach Jahresscheiben und Gemeinden aufschlüsseln)? 3. Wie viele Immobilien der Landesregierung und der nachgeordneten Landesbehörden sind seit dem Jahr 2014 mit begrünten beziehungsweise bepflanzten Dächern und Fassaden ausgestattet worden und wie hoch sind die Haushaltsmittel, die jährlich bisher durch die Landesregierung dafür bereitgestellt wurden (bitte nach Jahresscheiben, Einzelplänen, Haushaltstiteln, Haushaltsstellen und begrünten beziehungsweise bepflanzten Immobilien aufschlüsseln)? 4. Wie viele Haltestellen des öffentlichen Personennahverkehrs wurden nach Kenntnis der Landesregierung seit dem Jahr 2014 durch die Betreiber dieser Haltestellen mit begrünten beziehungsweise bepflanzten Dächern und Fassaden ausgestattet und wie hoch sind die Haushaltsmittel, die jährlich bisher durch die Landesregierung dafür bereitgestellt wurden (bitte nach Jahresscheiben, Einzelplänen, Haushaltstiteln , Haushaltsstellen und begrünten beziehungsweise bepflanzten Haltestellen aufschlüsseln)? 5. Bis wann sollen alle Immobilien der Landesregierung und der nachgeordneten Landesbehörden mit begrünten beziehungsweise bepflanzten Dächern und Fassaden ausgestattet werden und wie hoch sind die Haushaltsmittel, die dafür bereitgestellt werden? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kießling (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7825 6. Welche EU-, Bundes- und Landesförderprogramme stehen privaten Immobilieneigentümern und Bauherrn in welcher Größenordnung zur Verfügung, um ihre Gebäude hitzeangepasst sowie mit begrünten beziehungsweise bepflanzten Dächern und Fassaden auszustatten? 7. Wie viel Quadratmeter Flachdachflächen befinden sich in Landeseigentum und welche Flächen befinden sich im Eigentum nachgelagerter Institutionen? Wie viel davon sind jeweils mit was begrünt und seit wann? 8. Welche Flächen mit wie viel Quadratmeter wurden in der aktuellen Legislaturperiode bisher begrünt und welche sind noch bis Ende Oktober in Arbeit (bitte nach Jahresscheiben und Flächen auflisten)? 9. Auf den Immobilien der Landesregierung und den nachgeordneten Landesbehörden wurden seit dem Jahr 2014 wie viel Quadratmeter Dachfläche mit schwarzen beziehungsweise dunklen Photovoltaik- oder Solarkollektoren ausgestattet und wie viel sind noch geplant? Das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft hat die Kleine Anfrage namens der Landesre gierung mit Schreiben vom 1. Oktober 2019 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Das damalige Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz hat mit fachlicher Unterstützung der Thüringer Klimaagentur als Fachreferat innerhalb der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie im Jahr 2011 mit der Erarbeitung des "Integrierten Maßnahmenprogramms zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels im Freistaat Thüringen (IMPAKT)" beauftragt. IMPAKT wurde im Herbst 2013 veröffentlicht und wird derzeit als IMPAKT II fortgeschrieben. Die Ziele von IMPAKT lauten: • Bereitstellung von räumlich hoch aufgelösten Klimamodelldaten der Vergangenheit und der Zukunft für Thüringen, • räumlich differenzierte Analyse der klimasensitiven Handlungsfelder des Freistaates hinsichtlich der Chancen und Risiken des Klimawandels, • Erarbeitung von handlungsfeldspezifischen Maßnahmenportfolios zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels unter intensiver Beteiligung der zuständigen Ministerien und deren nachgeordneter Fachbehörden sowie • Erarbeitung von Indikatoren für ein Monitoring von Klimafolgen- und Klimaanpassungsmaßnahmen. IMPAKT II enthält 47 Maßnahmen für unterschiedliche Bereiche wie Land-, Forst- und Wasserwirtschaft, Gesundheit oder Verkehrswesen. Die meisten davon werden bereits umgesetzt. Das breite Spektrum an Maßnahmen reicht von besserer Information durch Forschung und Datenerhebung über veränderte Landnutzung , etwa durch Land- und Forstwirtschaft, bis zu baulichen Maßnahmen zur Anpassung der Infrastruktur an neue klimatische Anforderungen. (Quelle: Entwurf zu IMPAKT II siehe Drucksache 6/7143) Die Klimaagentur, Referat im Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz, ist fachlicher Ansprechpartner für Klima, Klimawandel und Anpassung an die Folgen des Klimawandels in Thüringen und informiert und unterstützt die Akteure in Thüringen unter anderem durch Beratung und Vorträge, zum Beispiel: • Veranstaltung "Was hat der Klimawandel mit meinem Haus zu tun?" - Naturgefahrenvorsorge für Hauseigentümer , am 19. Juni 2017 in Jena, • Vortrag "Was hat der Klimawandel mit meinem Haus zu tun?" auf der 54. Baufachtagung des Verbands Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (vtw) am 9. April 2018 in Erfurt, • Mitarbeit am Kompass Naturgefahren*; Stärkung des Risikobewusstseins und der Eigenvorsorgen von Hauseigentümern. Das Land unterstützt die Thüringer Kommunen mit dem Programm Klima Invest bei Klimaschutzmaßnahmen und Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Obwohl erst mit einer Überarbeitung der Richtlinie die Anpassungsmaßnahmen explizit aufgenommen wurden, sind bereits vorher Maßnahmen gefördert worden, die positiv im Bereich Klimaschutz und Klimaanpassung wirken (zum Beispiel 3 Drucksache 6/7825Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode durch winterlichen und sommerlichen Wärmeschutz). Folgende Investitionen an und in Gebäuden wurden diesbezüglich bei Landkreisen, Gemeinden und Zweckverbänden aus Kapitel 09 06 Titel 883 50 bewilligt: 2017: 24.524,99 Euro 2018: 92.755,29 Euro 2019: 947.259,24 Euro. Im sozialen Wohnungsbau sind keine speziellen Förderprogramme im Sinne der Fragen 1 und 2 zugunsten der Gemeinden bekannt. Allerdings können auch Gemeinden die bestehenden Förderprogramme in Anspruch nehmen, so dass insbesondere bei energetischen Sanierungsmaßnahmen und im Neubau auch die nachgefragten Hitzeaspekte Berücksichtigung finden können. Da bei solchen möglichen Förderungen "hitzeangepasste Baumaßnahmen" nicht separat erfasst weden, kann die gewünschte Aufschlüsselung nicht erfolgen. Entsprechendes gilt für die durch die KfW (zum Beispiel Programm "Energieeffizient Sanieren ") und die Thüringer Aufbaubank aufgelegten Förderprogramme (zum Beispiel "Thüringer Familienbaudarlehen "). Im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung gewährt die EU in Thüringen keine Fördermittel. Zu 2.: Zur Inanspruchnahme der Richtlinie Klima Invest als Landesförderprogramm wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Darüber hinaus können in allen Programmen der Städtebauförderung Leistungen zur Hitzeanpassung an Gebäuden (zum Beispiel Gründach) mit gefördert werden. Hierbei dürfte es sich aber um Einzelfälle handeln , da gebäudeseitig der Fokus auf der Sanierung bestehender Objekte liegt. Von größerer Bedeutung sind die Maßnahmen im Freiraum. Sie können in allen Städtebauförderprogrammen unterstützt werden. Seit dem Jahr 2017 gibt es in der Städtebauförderung das Bund-Länder-Programm "Zukunft Stadtgrün". Die Bundesfinanzhilfen werden den Ländern und Kommunen für Maßnahmen zur Verbesserung der urbanen grünen Infrastruktur bereitgestellt. Sie können in diesem Sinne für städtebauliche Maßnahmen eingesetzt werden, die der Anlage, Sanierung beziehungsweise Qualifizierung und Vernetzung öffentlich zugänglicher Grün- und Freiflächen im Rahmen der baulichen Erhaltung und Entwicklung von Quartieren als lebenswerte und gesunde Orte dienen. Die Maßnahmen leisten damit einen Beitrag zur Lebens- und Wohnqualität, zur gesellschaftlichen Teilhabe, zur Verbesserung des Stadtklimas und der Umweltgerechtigkeit insbesondere durch eine gerechte Verteilung qualitativ hochwertigen Stadtgrüns sowie zum Erhalt der biologischen Vielfalt und der Naturerfahrung. Im Rahmen des Bund-Länder-Programms "Zukunft Stadtgrün" wurden folgenden Gemeinden Finanzhilfen gewährt: Jahr Gemeinde Finanzhilfen Bund/Land in Euro 2017 Bleicherode 254.400,00 Geisa 466.600,00 Gera 226.600,00 Heilbad Heiligenstadt 1.328.400,00 Saalfeld 110.000,00 Steinbach-Hallenberg, Kurort 160.000,00 Gesamt 2.546.000,00 2018 Saalfeld 300.000,00 Jena 593.000,00 Ranis 67.000,00 Rudolstadt 200.000,00 Saalfeld 239.800,00 Tambach-Dietharz/Thüringer Wald 266.200,00 Gesamt 1.666.000,00 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7825 Jahr Gemeinde Finanzhilfen Bund/Land in Euro 2019 Gera 215.000,00 Heilbad Heiligenstadt 466.600,00 Rudolstadt 151.800,00 Tambach-Dietharz/Thüringer Wald 526.600,00 Bad Köstritz 137.600,00 Mühlhausen 106.600,00 Schleiz 193.200,00 Sömmerda 676.600,00 Gesamt 2.474.000,00 Zu 3.: Die Liegenschaftsverwaltung führt keine statistischen Erhebungen durch, da eine Erhebung derartiger Daten nicht notwendig ist, um eine geordnete Bewirtschaftung der Liegenschaften durchzuführen. Bekannt ist nur, dass es mindestens 14 Gründächer gibt. Nicht erfasst ist, wann und mit welchen Aufwendungen diese Dächer begrünt wurden. Zur Verfügung stehende Haushaltsmittel werden außerdem nicht danach unterschieden, ob sie zur Begrünung von Dächern beziehungsweise Flächen bereitgestellt werden, sondern werden bei den Mitteln für Außenanlagenpflege ohne weitere Differenzierung miterfasst und verausgabt. Zu 4.: Der Landesregierung liegen hierüber keine Erkenntnisse vor. Zu 5.: Zur Ausstattung aller Landesbehörden mit begrünten oder bepflanzten Dächern oder Fassaden gibt es derzeit keine Pläne. Ein derartiges Vorhaben zu initiieren wäre voraussichtlich unwirtschaftlich und der Sinn entsprechender Maßnahmen könnte fraglich sein, da nicht alle Dächer oder Fassaden dafür geeignet sind, bepflanzt oder begrünt zu werden. Für Baumaßnahmen des Landes mit begrünten beziehungsweise bepflanzten Dächern sind keine speziellen Haushaltsmittel etatisiert. Eine Begrünung beziehungsweise Bepflanzung der Dächer wird im Einzelfall geprüft und bei positivem Entscheid aus der Baumaßnahme finanziert. Zu 6.: Im Wesentlichen kann hierzu auf die Aussagen zum sozialen Wohnungsbau in den Antworten zu den Fragen 1 und 2 verwiesen werden. Im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung steht kein haushalterisch begrenztes finanzielles Kontingent zur Verfügung. Die Finanzierung erfolgt aus dem Wohnungsbauvermögen. Zu 7.: Die zur Beantwortung der Frage erforderlichen Daten werden von der Liegenschaftsverwaltung nicht oder nur sporadisch erfasst. Das Gebäude der mechanischen Werkstatt der Thüringer Landessternwarte Tautenburg verfügt über ein Flachdach von circa 250 Quadratmeter (m²). Es ist nicht begrünt. Des Weiteren verfügen zwei Immobilien, die von der Materialforschungs- und Prüfanstalt an der Bauhaus-Universität Weimar genutzt werden, über Flachdächer (1.500 m² und 620 m²), welche nicht begrünt sind. Bei der Immobilie mit einer Flachdachfläche von 1.500 m² wären 1.200 m² potentiell für eine Begrünung nutzbar, wonach hingegen bei der Immobilie mit einer Flachdachfläche von 620 m² im Rahmen von Sanierungsarbeiten festgestellt wurde, dass die Traglastreserven des Dachs unter Berücksichtigung von Schneelastreserven ausgeschöpft sind. Zu 8.: Seitens der Landesregierung werden hierzu keine statistischen Erhebungen durchgeführt. 5 Drucksache 6/7825Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 9.: Auf den landeseigenen Immobilien der Landesregierung und der nachgeordneten Behörden wurden seit dem Jahr 2014 Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von circa 850 Kilowatt peak (kWp) installiert. Davon wurden circa 700 kWp außerhalb eines städtischen Umfelds realisiert. Es wurden Dünnschichtmodule , poly- beziehungsweise monokristalline Module eingesetzt. Bei einem durchschnittlichen Flächenbedarf von 7 bis 10 m² Modulfläche pro 1 kWp ergibt sich eine solaraktive Dachfläche von abgeschätzt 7.500 m². Gemäß Landtagsbeschluss "Photovoltaikanlagen für landeseigene Immobilien" vom 2. September 2016 (Drucksache 6/2637 zu Drucksache 6/2280 - Neufassung) werden alle geeigneten Dächer landeseigener Immobilien unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit und Finanzierbarkeit mit Photovoltaikanlagen nachgerüstet . Auf Gründächern werden keine Solaranlagen installiert. Keller Ministerin Endnote: * http://www.kompass-naturgefahren.de/platform/resources/apps/Kompass_Naturgefahren/index.html?lang=de Hitzeangepasste Baumaßnahmen im städtischen Umfeld in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Endnote: