30.10.2019 Drucksache 6/7882Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 19. November 2019 Förderung von landwirtschaftlichen Betrieben in Thüringen Die Kleine Anfrage 4113 vom 11. September 2019 hat folgenden Wortlaut: Unser Freistaat Thüringen ist landwirtschaftlich geprägt. Unser ländlicher Raum ist ohne die Landwirtschaft, die auch unsere Kulturlandschaften pflegt und erhält, nicht vorstellbar. Zudem ist die Landwirtschaft ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor. Das idyllische Leben eines Landwirts ist in der Realität aber weitaus schwieriger . Die landwirtschaftlichen Betriebe der verschiedensten Rechtsformen sind auf Zuschüsse, Fördermittel und staatliche Unterstützung angewiesen. Probleme bei den Genossenschaften bei der Beantragung gab es zum Beispiel im letzten Jahr bei den "Dürrehilfen". Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Agrargenossenschaften gibt es derzeit in Thüringen und wie hat sich deren Anzahl seit dem Jahr 1990 entwickelt? 2. Sind die einzelnen Förderprogramme im Agrarbereich auf die spezielle Situation von Genossenschaften (viele Gesellschafter und kleine Flurstücke angepasst)? 3. Welche Hindernisse beziehungsweise Nachteile gibt es speziell bei Agrargenossenschaften durch ihre oft bis zu mehrere hundert Genossenschaftseigentümer, um beispielsweise - wie im letzten Jahr auch die Förderung durch Dürrehilfen zu erhalten - gegenüber landwirtschaftlichen Betrieben anderer Rechtsformen? 4. Wie viele Genossenschaften haben in Thüringen im Jahr 2018 Dürre hilfen beantragt und wie viele davon haben diese Hilfe letztlich auch erhalten? 5. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung, um das Modell der Agrargenossenschaften gegenüber anderen Rechtsformen, wie beispielsweise bei der Beantragung von Beihilfen/Förderungen, nicht zu benachteiligen? Das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft hat die Kleine Anfrage namens der Landesre gierung mit Schreiben vom 29. Oktober 2019 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Gemäß den Angaben des Thüringer Landesamts für Statistik gab es im Jahr 1992 in Thüringen 462 juristische Personen, davon 278 eingetragene Genossenschaften (eG) in der Landwirtschaft (frühere Angaben liegen dem Thüringer Landesamt für Statistik nicht vor). K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Lehmann (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7882 Informationen zur Entwicklung der Agrargenossenschaften in Thüringen sind den Angaben in der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Anzahl Betriebe 1992 1995 1998 2001 2005 2007 2010 2013 2016 Juristische Personen 462 532 522 581 583 589 595 595 602 davon eG 278 237 214 208 202 193 184 174 170 Im Rahmen der letzten Agrarstrukturerhebung für das Jahr 2016 wurden 602 juristische Personen, darunter 170 eingetragene Genossenschaften in der Thüringer Landwirtschaft erfasst. Zu 2.: Die landwirtschaftlichen Förderprogramme berücksichtigen die strukturelle Vielfalt und spezifische Förderbedarfe Thüringer Landwirtschaftsbetriebe. Grundsätzlich erfolgt kein Ausschluss bestimmter Betriebsgrößen und -formen. Die Chancengleichheit aller Unternehmensformen ist im Rahmen der Inanspruchnahme der Fördermittel in Thüringen gewährleistet. Die Flächenbezogenen Beihilfen und Förderungen (Direktzahlungen, KULAP, Ausgleichszulage benachteiligter Gebiete) unterscheiden nicht zwischen Einzelunternehmen, Personengesellschaften oder juristischen Personen. Die Bedingungen erfordern auch keine Unterscheidung zwischen Rechtsformen. Dies gilt auch für die Investitionsförderung landwirtschaftlicher Unternehmen. Allerdings bleibt die investive Förderung landwirtschaftlicher Unternehmen ebenso wie die Dürrehilfe 2018 auf KMU* beschränkt. Aus diesen Größengrenzen ergeben sich Förderausschlüsse für Unternehmen im Verbund großer Agrarholdings, nicht jedoch für typische Agrargenossenschaften. Zu 3.: Im Regelfall ergeben sich aus der Anteilseignerstruktur von Agrargenossenschaften keine Hindernisse oder Nachteile bei der Förderung, da das Unternehmen als Ganzes mit seinem Flächenbestand, seiner Leistungsfähigkeit , seinem individuellen Förderbedarf und -anspruch betrachtet wird. Die Dürrehilfe 2018 nimmt hier eine Sonderstellung ein. Zunächst handelt es sich hierbei um Billigkeitsleistungen , die auf Grund des Schadensereignisses von nationalem Ausmaß gemeinsam von Bund und Ländern an diejenigen Betriebe gewährt wurden, die in Folge der Dürre 2018 erhebliche Ertragseinbußen erlitten hatten und dadurch in ihrer Existenz gefährdet waren. Damit wurde zum einen beihilferechtlichen Grundsätzen und zum anderen den Forderungen der Rechnungshöfe von Bund und Ländern sowie Haushaltsgrundsätzen entsprochen. Im Ergebnis eines kontroversen Diskussionsprozesses haben sich Bund und Länder auf weitergehende Grundsätze verständigt. Dadurch war es möglich, 50 Prozent der insgesamt ausgereichten Dürrehilfen in Höhe von 13,121 Millionen Euro aus Bundesmitteln finanzieren zu können, den Rest aus Landesmitteln. Um zu gewährleisten, dass knappe Haushaltsmittel nur gezielt an existenzgefährdete Betriebe ausgereicht werden, war die Einkommens- und Vermögenssituation der Unternehmen einschließlich ihrer Inhaber beziehungsweise Gesellschafter und deren Ehegatten beziehungsweise eingetragenen Lebenspartner an Hand definierter - zum Zeitpunkt der Antragstellung feststellbarer - Kriterien zu berücksichtigen. Insbesondere für Agrargenossenschaften und alle anderen juristischen Personen mit einer Vielzahl von Anteilseignern ergab sich dadurch die Schwierigkeit, im Antragszeitraum von circa einem Monat, neben Nachweisen zum betrieblichen Dürreschaden auch subventionserhebliche Angaben zu den Vermögens- und Einkommensverhältnissen ihrer Gesellschafter beizubringen. Besondere Probleme entstanden dadurch, dass Anteilseigner vielfach nicht bereit waren, diese persönlichen Angaben preiszugeben. Insgesamt kann aber festgehalten werden, dass es - trotz aller Restriktionen, die sich zwangsläufig aus dem Bund-Länder-Hilfsprogramm ergaben - gelungen ist, sehr kurzfristig in intensiver Zusammenarbeit zwischen dem Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft und der Thüringer Aufbaubank ein Antragsverfahren mit komfortablen Unterlagen und ergänzenden Erläuterungen zu eröffnen, so dass betroffene Unternehmen - gleich welcher Rechtsform und Größe - in die Lage versetzt wurden, ihre Dürreschaden und Existenzgefährdung nachzuweisen. Nur so war es auch möglich, dass der größte Teil der Hilfen noch im Jahr 2018 ausgereicht werden konnte, ganz im Sinne einer Hilfe bei Existenzgefährdung. 3 Drucksache 6/7882Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 4.: Die Angaben sind der nachstehenden Übersicht zu entnehmen. Danach haben 13 Agrargenossenschaften Dürrehilfen beantragt, davon wurden zwölf bewilligt und ausgezahlt. Dürrehilfe 2018 Anzahl Anträge Anzahl Bewilligungen Vergleich Thüringen gesamt (2016) Anteil Bewilligungen an Thüringen gesamt in Prozent Landwirtschaftliche Betriebe 189 169 3.607 4,7 davon juristische Personen 45 33 602 5,5 darunter Agrargenossenschaften 13 12 170 7,1 Zu 5.: Um das Modell der Agrargenossenschaften gegenüber anderen Rechtsformen nicht zu benachteiligen, ist es aus Sicht der Landesregierung insbesondere wichtig, dass im Rahmen der nationalen Ausgestaltung der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union (GAP) nach dem Jahr 2021 die Interessen dieser Rechtsform angemessene Berücksichtigung finden. Die Landesregierung wird sich deshalb in dem anstehenden Verhandlungsprozess gegen jegliche Benachteiligung der Agrarstrukturen in Thüringen insgesamt , einschließlich der Agrargenossenschaften, einsetzen. Eine wesentliche Voraussetzung dafür wird auch in der Sicherung eines angemessenen Anteils Thüringens an der Finanzausstattung der neuen GAP für den Zeitraum nach dem Jahr 2021 bestehen. Die Landesregierung wird sich vor dem Hintergrund weitgehend übereinstimmender Interessen mit den anderen ostdeutschen Ländern in diesem Prozess der nationalen Ausgestaltung der GAP eng abstimmen. Keller Ministerin Endnote: * KMU = Kleine und mittlere Unternehmen im Sinne von Anhang 1 der VO (EU) 702/2014 mit weniger als 250 Mitarbeitern und maximal 50 Millionen Euro Jahresumsatz oder maximal 43 Millionen Euro Jahresbilanzsumme bezogen auf das Unternehmen einschließlich verbundener Unternehmen im Sinne von Anhang 1. Förderung von landwirtschaftlichen Betrieben in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Endnote: