24.06.2015 Drucksache 6/807Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 10. Juli 2015 Bekämpfung der Internetkriminalität im Freistaat Thüringen Die Kleine Anfrage 292 vom 29. April 2015 hat folgenden Wortlaut: Ausweislich der Kriminalitätsstatistiken für den Freistaat Thüringen ist seit dem Jahr 2009 eine deutliche Zunahme im Bereich der sogenannten Computerkriminalität zu verzeichnen. Zur zielgerichteten Bekämpfung dieser Kriminalitätsform wurde am 1. Juli 2014 im Thüringer Landeskriminalamt (LKA) das Dezernat "Cybercrime " eingerichtet. Laut einer Medieninformation des LKA vom 27. April 2014 (Nr. 155/2014) umfasst der Zuständigkeitsbereich des Dezernats neben dem Abfangen von Daten, der Verbreitung von Schadsoftware und den verschiedenen Formen des Computerbetrugs auch die Bekämpfung der Kinder- und Jugendpornographie . Überdies wurde in der o.g. Pressemitteilung angekündigt, dass im LKA für das Dezernat "Cybercrime " eine Personalstärke von 17 Beamten und zwei Angestellten angestrebt wird. Ich frage die Landesregierung: 1. Mit welcher Personalstärke ist das Dezernat "Cybercrime" im LKA zum gegenwärtigen Zeitpunkt besetzt (bitte aufschlüsseln nach Aufgabenbereichen)? 2. Nach welchen Kriterien (Fachkompetenz) wurden die gegenwärtigen im Dezernat "Cybercrime" eingesetzten Mitarbeiter ausgewählt? 3. Ist beabsichtigt, die gegenwärtig bestehende Personalstärke im Dezernat "Cybercrime" aufzustocken und falls ja, wann und wie (bitte die jeweilige Antwort begründen)? 4. Wird die auf dem Gebiet der Computerkriminalität innerhalb der Thüringer Polizei vorhandene Fachkompetenz als ausreichend angesehen und falls nein, wie ist beabsichtigt, externen Fachverstand anzuwerben (die jeweilige Antwort bitte begründen)? 5. Liegen der Landesregierung in Sachen Computerkriminalität Informationen über die prozentuale Dunkelziffer , insbesondere in den Bereichen Ausspähen von Daten und Kinder- und Jugendpornographie vor? 6. Wie gestaltet sich im Kampf gegen die Internetkriminalität die Zusammenarbeit des LKA mit den anderen Landeskriminalämtern sowie dem Bundeskriminalamt? 7. Wie gestaltet sich im Kampf gegen die Internetkriminalität die Zusammenarbeit des LKA mit der Staatsanwaltschaft ? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Walk (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/807 Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 23. Juni 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Das Dezernat 64 Cybercrime des Landeskriminalamtes Thüringen (TLKA) gliedert sich in zwei Bereiche, den Sachbereich Auswertung und die Ermittlungsgruppe Cybercrime (EG CC). In die EG CC ist die Zentrale technische Auswertungsstelle (ZASt) Kinder- und Jugendpornografie integriert. Derzeit ist die Ermittlungsgruppe Cybercrime mit sieben Beamten besetzt. Der Sachbereich Auswertung befindet sich noch im Aufbau. Zu 2.: Die Auswahl der aktuell in der ZASt tätigen Bediensteten erfolgte im Rahmen einer Personalunterweisung mit Auswahlcharakter. Nach bestandener Personalunterweisung wurden die Bediensteten spezialisiert ausund fortgebildet. Die anderen Bediensteten der EG CC, welche bereits im Vorfeld ihrer Tätigkeit im Dezernat Cybercrime im Bereich IuK-Kriminalität tätig waren, verfügen aufgrund umfangreicher Aus- und Fortbildungsmaßnahmen über vertiefte Fachkenntnisse zur Bekämpfung der Cybercrime sowie über Erfahrungen im Führen komplexer Ermittlungsverfahren. Zu 3.: Im Ergebnis der Überprüfung der Aufbau- und Ablauforganisation des TLKA wurde mit Erlass des damaligen Thüringer Innenministeriums (TIM) vom 30. Juni 2014 unter anderem die Schaffung eines eigenständigen Dezernates 64 zur Bekämpfung der Cybercrime beauftragt. Im mit gleichem Schreiben zum 1. Juli 2014 in Kraft gesetzten Organisations- und Dienstpostenplan (ODP) ist die Personalstärke des Dezernates Cybercrime mit 19 Bediensteten (ein höherer Dienst, 13 gehobene Dienste, drei mittlere Dienste - alle Polizeivollzugsdienst, zwei Tarifbeschäftigte) ausgewiesen. Das TLKA wurde mit Erlass des TMIK vom 10. April 2015 beauftragt, die noch offenen Dienstpostenbeschreibungen für das Dezernat Cybercrime zu erstellen und dem TMIK bis zum 30. Juni 2015 vorzulegen. Es ist beabsichtigt, die Anzahl der Bediensteten des Dezernates so bald als möglich im Rahmen spezieller Personalgewinnungsmaßnahmen an die im ODP ausgewiesene Sollstellenanzahl anzugleichen. Zu 4.: In diesem speziellen Fachbereich kriminalpolizeilicher Arbeit ist grundsätzlich nur ein Einsatz solcher Bediensteter angezeigt, die bereits entsprechende informationstechnische Fach- und Vorkenntnisse bzw. Technik -Affinität besitzen. Zur Besetzung der noch offenen Stellen des Fachdezernates beabsichtigt das TLKA zum einen bereits in den Polizeidienst der Thüringer Polizei eingestellte Bedienstete mit spezialisierten Vorkenntnissen, z. B. einem abgeschlossenen Informatikstudium, für eine Tätigkeit in diesem Dezernat zu gewinnen. Interessierten und geeigneten Bediensteten soll darüber hinaus die Möglichkeit eröffnet werden, ein von der Dienststelle unterstütztes postgraduales Studium in einer einschlägigen Fachrichtung an einer Hochschule oder Universität zu absolvieren. Die Gewinnung von externem Fachpersonal mit abgeschlossenem Fachstudium erweist sich als permanent schwierig, da insbesondere die Vergütungsmöglichkeiten für diese Experten in der Wirtschaft die Tätigkeit im Bereich öffentlicher Arbeitgeber wenig attraktiv erscheinen lassen. Mit einer Tätigkeit in der ZASt bzw. grundsätzlich zur Bearbeitung von Fällen der Kinder- und Jugendpornografie geht eine permanent hohe psychische Belastung einher. Deshalb sind Freiwilligkeit und psychische Stabilität eine Grundvoraussetzung für den Einsatz in diesem Bereich. Die aktuell dort eingesetzten Bediensteten verfügen über diese erforderliche Fachkompetenz. Sie werden im Rahmen regelmäßiger Supervisionen angemessen betreut. 3 Drucksache 6/807Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 5.: Im Landeskriminalamt Thüringen bzw. in der Thüringer Polizei insgesamt liegen keine aktuellen Informationen zum Dunkelfeld in diesem Deliktsbereich für den Freistaat Thüringen vor. Auch im Geschäftsbereich des TMMJV liegen dazu keine Erkenntnisse vor. Dunkelfeldforschung wird derzeit für Thüringen nicht betrieben. Eine grundlegende Aussage zum Dunkelfeld im Deliktsbereich Cybercrime wird im Bericht "Cybercrime - Bundeslagebild 2013" des Bundeskriminalamtes getroffen: "Eine Dunkelfelduntersuchung des Landeskriminalamtes Niedersachsen aus dem Jahr 2013 (Befragung zu Sicherheit und Kriminalität in Niedersachsen, Landeskriminalamt Niedersachsen, November 2013) kommt zu dem Ergebnis, dass lediglich neun Prozent aller Delikte im Bereich Cybercrime angezeigt werden. Dieses bedeutet, bezogen auf einzelne Deliktsbereiche , dass die vorliegenden statistischen Zahlen mit dem Faktor 11 multipliziert werden müssten, um ein annähernd realistisches Bild der Cybercrime in Deutschland zu beschreiben." Zu 6.: Zwischen den Behörden und Einrichtungen, die mit der Bekämpfung der Cybercrime betraut sind, findet ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch in Form von Leitertagungen, Arbeitsbesprechungen, Projektgruppen oder Workshops statt. Zu 7.: Im Bereich der Bekämpfung der Internetkriminalität besteht die Zusammenarbeit des Landeskriminalamtes Thüringen mit den Thüringer Staatsanwaltschaften im Wesentlichen bei Großverfahren der Schwerpunktabteilung zur Bekämpfung der Kriminalität im Bereich der Informationstechnologie (IT-Schwerpunktabteilung ) bei der Staatsanwaltschaft Mühlhausen und im Zusammenhang mit Geldwäscheverdachtsanzeigen, die sich auf so genanntes Phishing beziehen. Zum 1. Januar 2011 richtete die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft bei der Staatsanwaltschaft Mühlhausen die genannte IT-Schwerpunktabteilung ein. Die Fachkompetenz dieser Schwerpunktabteilung ermöglicht eine effiziente Zusammenarbeit in der Bearbeitung komplexer Ermittlungsverfahren des TLKA. Dr. Poppenhäger Minister