07.01.2015 Drucksache 6/81Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 15. Januar 2015 Betäubungsmittelkontrollen im Stadtgebiet Jena Die Kleine Anfrage 35 vom 30. Oktober 2014 hat folgenden Wortlaut: Im Jahr 2012 berichtete die Ostthüringer Zeitung über verstärkte Kontrollen der Polizei im Stadtgebiet Jena, insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, welche "... gern weite Hosen und Kapuzen-Pullis tragen". Hintergrund sei die Absicht "verstärkt die Drogenszene zu durchleuchten", wobei es explizit "nicht um die dicken Fische im Drogengeschäft, sondern um die Konsumenten" gehe. Im Umfeld solcher Straßenkontrollen sei es im Zuge bzw. Nachgang mehrfach zu Hausdurchsuchungen gekommen. Im ersten Halbjahr 2012 sollen es 16 Durchsuchungsmaßnahmen gewesen sein, davon wären acht auf Grundlage der Strafprozessordnung verlaufen, acht weitere Razzien "beruhen auf der freiwilligen Zustimmung der Betroffenen" (vgl. Drucksache 5/5098). Seitdem haben sich nach Darstellung von Betroffenen weitere derartige Maßnahmen ereignet. Ich frage die Landesregierung: 1. Inwiefern wurde das Konzept der Jenaer Polizei mit Personenkontrollen und Durchsuchungen nach Drogen, insbesondere bei vermuteten Konsumenten im Stadtgebiet Jena (Fußgänger, Radfahrer), zwischen 2012 und 2014 fortgeführt oder gegebenenfalls gegenüber der im Jahr 2012 beschriebenen Praxis quantitativ und qualitativ verändert? 2. Aufgrund welcher äußeren Merkmale wurden seit 2012 durch die Polizei in Jena Straßenkontrollen mit dem Ziel der Bekämpfung von Delikten des Betäubungsmittelgesetzes durchgeführt? 3. Wie viele Personen wurden im Stadtgebiet Jena in den Jahren 2012, 2013 und 2014 im Zusammenhang mit den in der Vorbemerkung geschilderten Maßnahmen kontrolliert (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? 4. In wie vielen Fällen wurden dabei jeweils Durchsuchungen von Kleidung oder mitgeführten Gepäckstücken und Taschen am Kontrollort vorgenommen? 5. Unter welchen rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen dürfen Polizeibeamte Kleidung oder mitgeführte Gepäckstücke und Taschen nach Betäubungsmitteln durchsuchen? 6. In wie vielen Fällen wurde dabei jeweils ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz festgestellt? 7. In wie vielen Fällen fanden im Ergebnis der durchgeführten Straßenkontrollen Wohnungsdurchsuchungen nach der Strafprozessordnung oder Maßnahmen zur "Wohnungsnachschau" jeweils in den Jahren 2012, 2013 und 2014 im Ergebnis zuvor stattgefundener Straßenkontrollen statt (bitte Auflistung mit K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Dittes (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/81 Datum der Maßnahme, Rechtsgrundlage der Strafprozessordnung oder freiwillige Zustimmung, Anlass der Maßnahme, festgestellte Betäubungsmittel nach Substanz und Menge sowie Fundstelle [Wohnung oder mitgeführt])? 8. Wie wird nach Kenntnissen der Landesregierung eine Hausdurchsuchung von einer "Wohnungsnachschau mit freiwilliger Zustimmung der Betroffenen" abgegrenzt bzw. in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen legen die eingesetzten Beamten den kontrollierten Personen eine solche "freiwillige Nachschau" nahe? 9. Welche rechtlichen Belehrungen erteilen die Beamten jenen Personen, die man um eine "Wohnungsnachschau mit freiwilliger Zustimmung" ersucht? 10. Welche praktischen und rechtlichen Konsequenzen ergeben sich, wenn eine im Stadtgebiet Jena kontrollierte Person einer solchen "freiwilligen Wohnungsnachschau" nicht zustimmt? 11. In wie vielen Fällen fand 2012, 2013 und 2014 im Kontext der Kontrollen wegen Betäubungsmitteln im Stadtgebiet Jena (Fußgänger, Radfahrer) keine angefragte "Wohnungsnachschau" statt, weil die jeweils Betroffenen ihre Zustimmung verweigerten? 12. Verfügt die Polizei in Jena über bevorzugte Standorte für Straßenkontrollen mit dem Ziel der Bekämpfung von Delikten des Betäubungsmittelgesetzes, an denen die Maßnahmen überdurchschnittlich häufig stattfinden und wenn ja, um welche Bereiche handelt es sich konkret und wie wird dies gerechtfertigt? 13. Gab es im Zeitraum 2012 bis 2014 in Jena Bereiche, die als "Gefahrengebiete", "Kriminalitätsschwerpunkte " o.ä. eingestuft wurden, wodurch auch verdachtsunabhängige Kontrollen nach dem Thüringer Polizeiaufgabengesetz möglich waren und wenn ja, um welche räumlichen Lagen handelt es sich, wie lange war die Dauer und was war der Grund (Lageerkenntnisse) für diese Bewertung? 14. Fand zwischenzeitlich eine Evaluation des Jenaer Polizeikonzepts für Betäubungsmittelkontrollen im Stadtgebiet (Fußgänger, Radfahrer) statt und wenn ja, mit welchem Ergebnis, wenn nein, für wann ist eine solche Evaluation geplant? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 6. Januar 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Im Rahmen ihrer allgemeinen Aufgabenerfüllung führt die Polizei in Jena nach wie vor auch Kontrollen zur Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität durch. Zu 2.: Die Thüringer Polizei führt keine Personenkontrollen allein aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes durch. Zu 3.: Statistische Angaben liegen hierzu nicht vor. Zu 4.: Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. Zu 5.: Die Voraussetzungen ergeben sich aus den §§ 23, 24 Polizeiaufgabengesetz, § 102 Strafprozessordnung. Zu 6.: Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. Zu 7.: Statistische Angaben liegen hierzu nicht vor. Für die Beantwortung der Frage wäre eine Einzelfallrecherche nötig, die in der für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich ist. 3 Drucksache 6/81Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 8.: Eine Durchsuchung ist ein mit staatlichem Zwang verbundener Grundrechtseingriff. Sie ist unter den Voraussetzungen der einschlägigen Ermächtigungsgrundlagen möglich. Bei der freiwilligen Wohnungsnachschau fehlt der staatliche Zwang. Die Reichweite bestimmt sich nach der konkreten Einverständniserklärung im Einzelfall. Die freiwillige Nachschau ist für den Betroffenen in der Regel weniger belastend und eröffnet ihm die Möglichkeit, einen bestehenden Anfangsverdacht unkompliziert zu entkräften. Zu 9.: Die Betroffenen werden auf die Freiwilligkeit hingewiesen. Zu 10.: Sofern die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen, kommt eine Durchsuchung auf Grundlage des Polizeiaufgabengesetzes oder der Strafprozessordnung in Betracht. Zu 11.: Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. Zu 12.: Eine Veröffentlichung etwaiger bevorzugter Kontrollpunkte würde dem Zweck der Maßnahme zuwiderlaufen. Von einer Beantwortung der Frage wird daher abgesehen. Zu 13.: Nein Zu 14.: Die Konzeption der Polizeiinspektion Jena zur Bekämpfung der Drogenkriminalität aus dem Jahr 2011 sieht eine jährliche Evaluierung vor. Eine Anpassung der Konzeption machte sich bislang noch nicht erforderlich. In Vertretung Götze Staatssekretär