22.07.2015 Drucksache 6/896Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 5. August 2015 Brandschutzerziehung in Thüringer Grundschulen Die Kleine Anfrage 322 vom 21. Mai 2015 hat folgenden Wortlaut: Brandschutzerziehung, als ein Element der Sicherheitserziehung, ist in Thüringen Bestandteil des Lehrplans für Grundschulen. Die Ausgestaltung dieses Lehrinhalts wird örtlich allerdings sehr unterschiedlich und mit schwankender Qualität ausgeführt. Zum Teil führen Lehrkräfte der Grundschulen die Brandschutzerziehung durch, zum Teil auch ehrenamtliche Kräfte der Feuerwehr oder hauptamtliche Brandschutzerzieher . Im Landkreis Gotha und im Ilm-Kreis zum Beispiel wird die Brandschutzerziehung durch hauptamtliche Brandschutzerzieher durchgeführt. Neben der hohen Qualität ist in diesen Kreisen auch ein messbar gestiegener Anteil an Kindern festzustellen, die sich in den Jugendfeuerwehren engagieren. Damit ist eine Investition in Brandschutzerziehung nicht nur ein Mehrwert für die Sicherheit der Kinder, sondern auch wichtig für die Nachwuchssicherung der freiwilligen Feuerwehr und damit wichtig für die Gewährung der Brandschutzsicherheit im Freistaat. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie schätzt die Landesregierung die Umsetzung der Brandschutzerziehung an Thüringer Grundschulen ein? Wie wird die Qualität und Intensität der Brandschutzerziehung eingeschätzt (bitte nach Landkreisen und der jeweils praktizierten Art der Brandschutzerziehung auflisten)? 2. Welche Einschätzung hat die Landesregierung zur Arbeit der hauptamtlichen Brandschutzerzieher? 3. Ist eine Ausweitung der hauptamtlichen Brandschutzerziehung auf weitere Kreise durch Unterstützung des Landes geplant? Wenn nein, weshalb nicht? 4. Welchen Stellenwert hat Brandschutzerziehung allgemein für die Landesregierung? 5. Wird Handlungsbedarf im Hinblick auf eine flächendeckende Sicherung von Jugendfeuerwehren im Freistaat gesehen? Wenn ja, welcher? Wenn nein, weshalb nicht? 6. Wie will die Landesregierung die Arbeit der Jugendfeuerwehren zukünftig unterstützen, um die Nachwuchsgewinnung für den Thüringer Brandschutz zu gewährleisten? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Bühl (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/896 Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 21. Juli 2015 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Die Gemeinden erfüllen ihre Aufgaben im Brandschutz und in der Allgemeinen Hilfe gemäß § 2 Abs. 2 Thüringer Gesetz über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz (ThürBKG) als Pflichtaufgaben des eigenen Wirkungskreises. Gemäß § 3 Absatz 1 Nr. 5 ThürBKG haben die Gemeinden unter anderem die Selbsthilfe der Bevölkerung und die Brandschutzerziehung tatkräftig zu fördern. Gemäß § 11 ThürBKG sollen bei den Freiwilligen Feuerwehren nach Möglichkeit Jugendfeuerwehren gebildet werden. "Soll" bedeutet im verwaltungsrechtlichen Sinne, dass die Aufgabe zu erfüllen ist, wenn nicht besondere Gründe vorliegen, die ein Abweichen rechtfertigen. Hinsichtlich der Brandschutzerziehung von Kindern werden sie dieser Aufgabe insbesondere durch die Zusammenarbeit mit den Schulen bei der Gestaltung des Unterrichts im Fach Heimat- und Sachkunde gerecht. Im Regelfall sind es die Jugendfeuerwehrwarte der Freiwilligen Feuerwehren, die neben der fachspezifischen Feuerwehrausbildung zusätzlich für die Betreuung der Jugendfeuerwehrmitglieder ausgebildet wurden . Zur interessanten Gestaltung des Unterrichts hat es sich bewährt, dass entweder die Schüler die örtliche Freiwillige Feuerwehr besuchen und sich mit den Fahrzeugen und Geräten vertraut machen können oder dass Feuerwehrangehörige im Unterricht auftreten. An einer engen Zusammenarbeit der nicht polizeilichen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) mit den Schulen hat die Landesregierung grundsätzlich ein großes Interesse. Im Wege der Brandschutz- und Sicherheitserziehung wird dort eine wichtige Aufklärungsarbeit geleistet, damit die Kinder schon früh das richtige Verhalten bei Gefahr lernen und um z. B. mit offenem Feuer sicher umgehen zu können. Zum anderen ist der Zugang über die Schulen und wichtig, um über diesen Weg eventuell neue Mitglieder für die Jugendfeuerwehren frühzeitig zu gewinnen. Hierbei will das Land die Gemeinden in ihrer Zuständigkeit unterstützen. Gemäß der Formulierung des Koalitionsvertrages zwischen den Parteien DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN soll "die Brandschutzerziehung in Thüringen gestärkt bzw. flächendeckend eingeführt werden". Zu 1.: In den Fächern Heimat- und Sachkunde sieht der Lehrplan an den Grundschulen und der Förderschule mit dem Bildungsgang der Grundschule vor, dass die Aufgaben und die Bedeutung von Polizei, Feuerwehr und anderen Hilfsorganisationen vermittelt werden. Die Schüler sollten sich und ihr Umfeld vor Schaden bewahren , in Gefahrensituationen richtig handeln, durch verantwortungsvolles Verhalten die Arbeit der Polizei und der Feuerwehr unterstützen sowie die Arbeit von Organisationen und Einrichtungen achten. Die weiterentwickelten Thüringer Lehrpläne beschränken sich allerdings auf die Beschreibung verbindlicher zentraler fachspezifischer bzw. aufgabenfeldspezifischer Kompetenzen. Auf eine weitere Präzisierung wurde bewusst verzichtet. Es liegt grundsätzlich in der pädagogischen Verantwortung der Lehrkraft und der Fachkonferenz der Schule, die einzelnen Themen im Rahmen der Erstellung schulinterner Lehr- und Lernpläne auszuarbeiten und so zu vermitteln, dass die Schülerinnen und Schüler anwendungsbereites Wissen erwerben können. Dabei können sich die Schulen auch Unterstützung von außerschulischen Experten einholen. Gemäß § 56 Abs. 1 Thüringer Schulgesetz liegt die Entscheidung bei der Schulleitung. Dem Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport ist bekannt, dass beispielsweise in einigen Landkreisen und Gemeinden jedes Jahr Projekttage bzw. Feuerwehrtage mit den Grundschulen organisiert werden . Das Jugendausbildungs- und Begegnungszentrum Schloss Sinnershausen bietet Lehrgänge der Thüringer Jugendfeuerwehr an (Ausbildung zum Jugendgruppenleiter). Diese Fortbildungen können von den Grundschulen bei Interesse in Anspruch genommen werden. Zusätzlicher Bestandteil der Lehrgänge sind die Inhalte der Brandschutz- und Sicherheitserziehung in den Thüringer Grundschulen. Die Teilnehmer erhalten im Rahmen des Lehrgangs das notwendige Rüstzeug, um künftig in den Thüringer Grundschulen die Brandschutz- und Sicherheitserziehung durchführen zu können. Zu 2.: Nur in einigen wenigen Landkreisen (Gotha, Ilm-Kreis, Unstrut-Hainich-Kreis, eingeschränkt im Altenburger Land) und in der Landeshauptstadt Erfurt gibt es derzeit hauptamtliche Brandschutzerzieher, deren Stellen unterschiedlich finanziert und auf unterschiedlichem Wege realisiert werden. In Erfurt wird z.B. als Ergänzung zum Sachkundeunterricht in der Grundschule die Brandschutzerziehung während des gesamten Schuljahres angeboten. 3 Drucksache 6/896Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Meist werden dabei durch einen Angehörigen der Berufsfeuerwehr u. a. folgende Themen anschaulich vermittelt: • Richtiger Umgang mit Zündmitteln • Gefährlichkeit des Brandrauches • Grundregeln des Notrufes • Verhalten im Brandfall • Abbau von Ängsten • Arbeit der Feuerwehr Die Arbeit der hauptamtlichen ebenso die der ehrenamtlichen Brandschutzerzieher leistet einen wertvollen Beitrag zur Sensibilisierung der Kinder und Jugendlichen für den Umgang mit den Gefahren und ist gleichzeitig geeignet für die Tätigkeit in der Feuerwehr zu werben. Zu 3.: Hierzu wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Zu 4.: Die Tatsache, dass Brandschutzerziehung Bestandteil des Lehrplans Heimat- und Sachkunde der Grundschule und der Förderschule mit dem Bildungsgang der Grundschule ist, zeigt den hohen Stellenwert, der der Brandschutzerziehung beigemessen wird. Zu 5.: Ja, es besteht - u.a. aufgrund des demographischen Wandels - Handlungsbedarf. Im Weiteren wird auf die Vorbemerkung und die Antwort auf Frage 6 verwiesen. Zu 6.: Das Land beabsichtigt die Durchführung einer "Imagekampagne". Nachwuchs muss jedoch durch die jeweilige Organisation unmittelbar vor Ort geworben, motiviert und gebunden werden. Das Land kann dabei allenfalls unterstützen. (Konkrete Initiativen könnten auch aus Lottomitteln oder über die Thüringer Ehrenamtsstiftung gefördert werden.) Allgemeine Maßnahmen des Freistaats Thüringen zur Intensivierung der Jugendarbeit bei den Feuerwehren: • Die Zusammenarbeit der Schulen mit den Freiwilligen Feuerwehren erfolgt überwiegend durch Jugendfeuerwehrwarte der jeweilig zuständigen Gebietskörperschaft. Diesen werden am Jugendausbildungsund Begegnungszentrum Schloss Sinnershausen (JABZ) in Hümpfershausen die speziellen Bedingungen und Bedürfnisse im Umgang mit Kindern in der Jugendfeuerwehr vermittelt. • Das Land fördert den Betrieb des JABZ mittelbar über die institutionelle Förderung des Thüringer Feuerwehrverbandes e.V. Jährlich werden seit 2010 jeweils Mittel in Höhe von 95.000 Euro dafür bewilligt. • Darüber hinaus werden seit dem Jahr 2011 zusätzlich die Personalkosten für eine Bildungsreferentin beim Thüringer Feuerwehrverband gefördert. Diese soll insbesondere die Angebote zur Verbesserung der Jugendarbeit vorantreiben. Aufgabenschwerpunkt ist die Entwicklung themen- und zielgruppenorientierter Lehrgänge für die Altersgruppe 6 bis 9 sowie die Weiterentwicklung bestehender Ausbildungskonzepte und Arbeitsmaterialien der Thüringer Jugendfeuerwehr. Die Gesamtausgaben 2011 bis 2014 betragen knapp 116.000 Euro. • Für die Förderung der Jugendfeuerwehrarbeit werden den Gemeinden je Mitglied 20 Euro pro Jahr durch das Land bereitgestellt. Gesamtausgaben 2008 bis 2014: 1.522 900 Euro. • Im Rahmen des Modellvorhabens "Weiterentwicklung der Thüringer Grundschule auf der Basis von Erprobungsmodellen " und des Projektes "Neues Lernen in Kommunen - nelecom" existieren einzelne zusätzliche Angebote der Kommunen für Schülerinnen und Schüler zur Brandschutzerziehung. Dr. Poppenhäger Minister