28.07.2015 Drucksache 6/903Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 10. August 2015 Situation des Informatikunterrichts an Thüringer Schulen (I) Die Kleine Anfrage 350 vom 19. Juni 2015 hat folgenden Wortlaut: Informatik findet in der Schule regelmäßig in fächerverbindender und fächerübergreifender Form statt. Den Kern der informatischen Bildung bildet in Thüringen aber ein eigenes Unterrichtsfach (Informatikunterricht). Mit seinen Lerninhalten verfügt es über eine klare Wissenschaftsorientierung zu den naturwissenschaftli chen Bezugsdisziplinen. Die Lehrpläne für das Fach Informatik legen zudem einen elementaren Schwer punkt auf neueste Konzepte der informatischen Bildung. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Fachnamen (z.B. Informatik) gibt es an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen in Thü ringen für das Kernfach der informatischen Bildung (aufgeschlüsselt nach Schulart und Ausbildungsgang)? 2. In welchem Umfang (Wochenstundenzahl) wird informatische Bildung als eigenes Schulfach an allge meinbildenden und berufsbildenden Schulen in Thüringen unterrichtet (aufgeschlüsselt nach Schulart bzw. Ausbildungsgang und Klassenstufe bzw. Ausbildungshalbjahr)? 3. Wie viele Unterrichtsstunden erhalten Schülerinnen und Schüler in ihrer Schullaufbahn durchschnittlich an Informatikunterricht (aufgeschlüsselt nach Schulart)? 4. In welchem Alter befinden sich die Schülerinnen und Schüler in der Regel, wenn sie zum ersten Mal Informatikunterricht als eigenes Unterrichtsfach erleben (aufgeschlüsselt nach Schulart)? 5. Welche Fähigkeiten und Fertigkeiten von Schülerinnen und Schülern will der Informatikunterricht an Thüringer Schulen entwickeln? 6. Nach welchen Prinzipien, Methoden und Verfahren wird Informatikunterricht an Thüringer Schulen un terrichtet? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Tischner (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/903 Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 27. Juli 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Name Schulart Informatik Regelschule, Gymnasium, Gemeinschaftsschule, Kooperative Ge samtschule, Integrierte Gesamtschule, Berufsschule, Berufsfach schule (1- und 2-jährig), Berufsfachschule (2-jährig berufsqualifi zierend), Höhere Berufsfachschule (2- und 3-jährig), Fachschule Medienkunde Regelschule, Gymnasium, Gemeinschaftsschule, Kooperative Ge samtschule, Integrierte Gesamtschule Wahlpflichtfach Informatik Regelschule, Gymnasium, Gemeinschaftsschule, Kooperative Ge samtschule, Integrierte Gesamtschule Informatik als Fach mit grundlegen dem Anforderungsniveau Qualifikationsphase der gymnasialen Oberstufe Informatik als Fach mit erhöhtem An forderungsniveau Qualifikationsphase der gymnasialen Oberstufe an Gymnasien mit mathematisch-naturwissenschaftlichen Spezialklassen Wahlfach Informatik Berufsschule, Berufliches Gymnasium berufliche Informatik Berufliches Gymnasium Technische Kommunikation Berufsfachschule (1- und 2-jährig), Berufsfachschule (2-jährig be rufsqualifizierend), Höhere Berufsfachschule (2- und 3-jährig) Datenverarbeitung Berufsfachschule (2-jährig berufsqualifizierend), Berufsfachschule (1- und 2-jährig), Höhere Berufsfachschule (2- und 3-jährig) Programmierung Anwendungssysteme Betriebssysteme IT-Systeme Informationsverarbeitung EDV Höhere Berufsfachschule (2- und 3-jährig) Kommunikationstechniken Fachoberschule Zu 2.: allgemein bildende Schulen Im Rahmen der integrativen Umsetzung der Medienkompetenzentwicklung ist der Kurs Medienkunde an den Schulen im Gesamtumfang von mindestens zwei Jahreswochenstunden pro zwei aufeinander folgen der Klassenstufen in den Klassenstufen 5 bis 10 verbindlich zu planen.1 Schulart/Klassenstufe 7/8 9/10 11/Vorkurs Regelschule2 4 45 Gemeinschaftsschule* 45 oder 2 4 oder 2 Kooperative Gesamtschule* 4 45 Integrierte Gesamtschule* 4 45 Gymnasium 6 Kolleg (Vorkurs) 2 Qualifikationsphase (falls das Fach belegt wird) 11 (12) 12 (13) Kooperative Gesamtschule Integrierte Gesamtschule Gemeinschaftsschule Gymnasium erhöhtes Anforderungsniveau 4* 4* Kooperative Gesamtschule Integrierte Gesamtschule Gemeinschaftsschule Gymnasium grundlegendes Anforderungs niveau 2 2 Kolleg 3 3 * Gymnasien mit mathematisch-naturwissenschaftlichen Spezialklassen Pflichtfach 3 Drucksache 6/903Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode berufsbildende Schulen Hinweis: Die Angaben erfolgen, soweit sie aus Stundentafeln bzw. Lehrplänen zu entnehmen sind. Im Rahmen der integrativen Umsetzung der Medienkompetenzentwicklung ist der Kurs Medienkunde mit mindestens einer Jahreswochenstunde in der Berufsschule und der Berufsfachschule in den Klassenstu fen 10 und 11 verbindlich zu planen.3 Berufsschule Grundstufe/Fachstufen Teilzeit Block Berufsschule 1-2 (WF*) 2-4 (WF) Berufsschule mit Erwerb der Fachhochschulreife 1 (WF) 1 (WF) BVJ 1, 2, A BVJk 1, 2, A Berufsvorbereitungsjahr 2 (EFU**) 1-2 (EFU**) * Wahlfach ** Ergänzungs- oder Förderunterricht berufliches Gymnasium Fachrichtung/Klassenstufen 11 12 13 WF WF WF Technik 2 1 3 3 Wirtschaft 2 1 3 3 Gesundheit und Soziales 2 1 3 3 Berufsfachschule, 1- und 2-jährig Fachrichtung/Klassenstufen 10 11 BFS1/k Wirtschaft/Verwaltung 1 2 1 Technik 2 3 2 Wirtschaft 4 2 4 Ernährung/Hauswirtschaft 2 2 Gesundheit/Soziales 1 2 1 Berufsfachschule, 2-jährig berufsqualifizierend Bildungsgang/Klassenstufen 10 11 Kinderpflege 1 1 Sozialbetreuer 1 1 Kosmetik 1 1 Höhere Berufsfachschule, 2-jährig 1. Jahr 2. Jahr diverse Berufe 14 14 Höhere Berufsfachschule, 3-jährig 1. Jahr 2. Jahr 3. Jahr diverse Berufe 14 14 14 Fachoberschule Fachrichtung/Klassenstufen 11 12 Wirtschaft/Verwaltung 1 2 Technik Gesundheit/Soziales Gestaltung Ernährung/Hauswirtschaft 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/903 Fachschule pro Jahr diverse Fachrichtungen 14 Zu 3.: Schulart Stunden Regelschule 0-320* Gemeinschaftsschule Integrierte Gesamtschule keine Belegung in der Qualifikationsphase oder Abgang nach Klassenstufe 10 0-320* mit Unterricht im grundlegenden Anforderungsniveau 0-480* mit Unterricht im erhöhten Anforderungsniveau 0-640* Kooperative Gesamtschule keine Belegung in der Qualifikationsphase 0-320* mit Unterricht im grundlegenden Anforderungsniveau 0-480* mit Unterricht im erhöhten Anforderungsniveau 0-640* Gymnasium keine Belegung in der Qualifikationsphase 0-240* mit Unterricht im grundlegenden Anforderungsniveau 0-400* mit Unterricht im erhöhten Anforderungsniveau 0-560* Kolleg mit Belegung im Vorkurs und Unterricht im grundlegen den Anforderungsniveau 0-320* berufsbildende Schulen Die Stundenzahlen in den einzelnen Schulformen variie ren je nach Fachrichtung/Bildungsgang/Beruf 80-480* * Die Zahlen entsprechen der Annahme von ca. 40 Wochen pro Schuljahr. Die mögliche Nutzung flexibler Stunden wurde nicht berücksichtigt. Die Einwahl in den Wahlpflichtbereich Informatik vorausgesetzt. In Schulen, die auf den Haupt- oder Realschulabschluss vorbereiten, kann auch eine Minderung auf 160 Stunden möglich sein. Für das integrative Fach Medienkunde sind mindestens 240 Unterrichtsstunden schulintern für die Klassen stufen 5 bis10 verbindlich zu planen. Die informatischen Lehrplaninhalte sind im Lehrplan Kurs Medienkunde unter http://www.schulportal-thue ringen.de/thillm/lehrplaene veröffentlicht. Zu 4.: Regelschule ca. 1314 Jahre Gemeinschaftsschule Kooperative Gesamtschule Integrierte Gesamtschule Gymnasium ca. 1415 Jahre Zu 5.: Seit dem Schuljahr 2009/2010 gilt in Thüringen der verpflichtend zu unterrichtende integrative Kurs Medien kunde für die Klassenstufen 5 bis 10. Im Kursplan, auf dessen Grundlage der Kurs unterrichtet wird, finden sich neben medienkundlichen auch informatische Inhalte. Der Kursplan Medienkunde bildet somit die Grund lage informatischer Bildung in Thüringen. Alle weiteren Fachangebote mit informatischen Inhalten sind ein Angebot der Schule zur Wahl der Schülerinnen und Schüler entsprechend ihrer Neigungen und Interessen. Die weiterentwickelten Thüringer Lehrpläne für die allgemein bildenden Schulabschlüsse beschränken sich auf die Beschreibung verbindlicher zentraler fachspezifischer bzw. aufgabenfeldspezifischer Kompetenzen. Neben allgemeinen gesellschaftswissenschaftlichen sollen folgende fachspezifischen Kompetenzen aus gebildet werden: "Die Fachspezifik findet ihre Abbildung in der Entwicklung von informatischen Kompetenzen. Diese orien tieren sich an folgenden Leitlinien: - Interaktion mit Informatiksystemen, - Wirkprinzipien von Informatiksystemen, Informatische Modellierung und - Wechselwirkung zwischen Informatiksystemen, Individuum und Gesellschaft. 5 Drucksache 6/903Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Die unter diesen Leitlinien strukturierten Kenntnisse und Fertigkeiten werden auf unterschiedlichem Niveau in den Sekundarstufen erworben, wobei stets an die Lebenswelt der Lernenden anzuknüpfen ist."4 Im Bereich der berufsbildenden Schulen werden diese bereits erworbenen Kompetenzen vertieft, ausge baut und entsprechend Fachrichtung/Bildungsgang spezifiziert. Zu 6.: Der Kurs Medienkunde vermittelt informatische Modelle zu gegebenen Sachverhalten, die die Schülerinnen und Schüler darstellen können. Es werden Medienprodukte auf der Grundlage von Modellierungen auch mithilfe von Informatiksystemen entwickelt. Der Bezug zu den Lernbereichen Präsentation und Medienge sellschaft sowie Recht, Datensicherheit und Jugendmedienschutz wird dabei fokussiert. Der Schüler kann Wirkungsabsicht und -ergebnis vergleichen und Schlussfolgerungen für künftige Produk te und deren informatische Modellierung ableiten. Grundlage der informatischen Kompetenzen des in der Klassenstufe 7 bzw. 9 einsetzenden Wahlpflichtfa ches Informatik bilden die erworbenen Medienkompetenzen der Schülerinnen und Schüler, die im Kursplan Medienkunde und in den "Grundsätzen und Standards für die Informatik in der Schule" der Gesellschaft für Informatik e. V. (GI) beschrieben sind. Informatiksysteme sind im Informatikunterricht Medium, Werkzeug und Inhalt des Lernens zugleich. Vor al lem die erworbenen Kompetenzen zum medialen Aspekt von Informatiksystemen im Kurs Medienkunde bis Klassenstufe 7 bzw. 8 bestimmen die Lernausgangslage. Gemäß den Einheitlichen Prüfungsanforderungen für die Abiturprüfung Informatik 11 (EPA) liegen der in haltlichen Gliederung der Qualifikationsphase, vergleichbar mit den Leitlinien für den Informatikunterricht der Sekundarstufe I, die Lernbereiche Grundlegende Modellierungstechniken, Interaktion mit und von In formatiksystemen und Möglichkeiten und Grenzen informatischer Verfahren zugrunde. Gemäß den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz zur Gestaltung der gymnasialen Oberstufe in der Se kundarstufe II wird der Fachunterricht auf unterschiedlichem Anforderungsniveau erteilt.5 Dr. Klaubert Ministerin Endnote 1 Kursplan Medienkunde (https://www.schulportal-thueringen.de/web/guest/media/detail?tspi=1897). 2 Informatik (Wahlpflichtbereich), wenn die Schule das Fach anbietet. 3 Kursplan Medienkunde (https://www.schulportal-thueringen.de/web/guest/media/detail?tspi=1897). 4 Siehe Lehrpläne Informatik für den Erwerb der allgemeinen Hochschulreife bzw. des Hauptschul- und Realschulab schlusses (http://www.schulportal-thueringen.de/thillm/lehrplaene). 5 Ebenda (http://www.schulportal-thueringen.de/thillm/lehrplaene).