10.08.2015 Drucksache 6/920Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 20. August 2015 Baumfällaktionen im FFH-Gebiet Nr. 100 "Wald zwischen Kleinschmalkalden und Tambach-Dietharz" Die Kleine Anfrage 352 vom 19. Juni 2015 hat folgenden Wortlaut: Das FFH-Gebiet 100 ist als besonderes Schutzgebiet von gemeinschaftlichem Interesse im Dezember 2004 von der EU bestätigt worden. Mit der Zustimmung der unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Schmalkalden-Meiningen wurde einem ortsansässigen Agrarbetrieb erlaubt, im FFH-Gebiet 100 großflächig an den naturnahen Bachläufen und auf den Bergwiesen den in den letzten Jahrzehnten durch natürliche Sukzession entstandenen Baumbewuchs zu entfernen. Besonderer Schutz in diesem FFH-Gebiet gilt vor allem vier Arten der Anhang-II-Liste, unter anderem der Groppe - deren Lebensraum die naturnahen Fließgewässer in diesem FFH-Gebiet sind - und 77 weiteren wichtigen Arten. Eingriffe in ein FFH-Gebiet bedürfen einer Verträglichkeitsprüfung einschließlich einer vorgeschalteten Verträglichkeitsabschätzung. Ich frage die Landesregierung: 1. Hat es eine Verträglichkeitsabschätzung gegeben und wie sieht das Ergebnis der Verträglichkeitsabschätzung aus? 2. Wurde eine Verträglichkeitsprüfung nach § 34 Abs.1 und 2 Bundesnaturschutzgesetz durchgeführt und wenn ja, mit welchem Ergebnis? 3. Für den Fall, dass eine Verträglichkeitsprüfung den Eingriff erlaubt hätte, mit welchen Auflagen wegen des grundsätzlichen Verschlechterungsverbots hat die Verträglichkeitsprüfung geendet? 4. Wie bewertet die Landesregierung diese Baumfällaktion in einem FFH-Gebiet? 5. Unter welchen Auflagen ist dem Agrarbetrieb das Baumfällen genehmigt worden? 6. Welche Ausgleichsmaßnahmen werden mit diesem Eingriff in ein FFH-Gebiet geleistet? 7. War es dem Agrarbetrieb erlaubt, auf Feuchtwiesen und in Quellgebieten schwere Forsttechnik einzusetzen ? 8. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, um den naturnahen Zustand im FFH-Gebiet zu sichern bzw. welche Auflagen hat der Agrarbetrieb bekommen, um den naturnahen Zustand der Bergwiesen , Quellgebiete und Bachläufe wieder herzustellen? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Liebetrau (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/920 Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 6. August 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Vor Maßnahmenbeginn wurde das Vorhaben von der unteren Naturschutzbehörde (UNB) bezüglich der Betroffenheit naturschutzfachlicher Belange geprüft. Es fand auch eine Verträglichkeits- bzw. Erheblichkeitsabschätzung statt, um über die Anwendung der Bestimmungen des § 34 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) zu entscheiden. Im Ergebnis schätzte die UNB ein, dass die bevorstehenden Maßnahmen nicht geeignet sind, die Erhaltungsziele des Natura-2000-Gebietes Nr. 100 "Wald zwischen Kleinschmalkalden und Tambach -Dietharz" erheblich zu beeinträchtigen. Bei den inzwischen beseitigten Fichtenbeständen sowie weiteren aufgelassenen Wiesenbereichen handelte es sich nicht um FFH-Lebensraumtypen nach Anhang I der FFH-Richtlinie. Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie waren ebenfalls nicht betroffen. Zu 2.: Eine Verträglichkeitsprüfung nach § 34 Abs. 1 BNatSchG war nicht erforderlich, da das Vorhaben von der UNB als verträglich bewertet wurde (siehe Frage 1). Zu 3.: entfällt Zu 4.: Die Entscheidungen der zuständigen Behörden können nachvollzogen werden. Die Fällungs-/Entbuschungsarbeiten sind grundsätzlich als positiv im Sinne des Naturschutzes zu werten, da so im Zusammenhang mit der anschließenden Wiederaufnahme der landwirtschaftlichen Nutzung die Voraussetzung für die Entwicklung des FFH-Lebensraumtyps Bergwiese an dieser Stelle geschaffen wurde. Der FFH-Lebensraumtyp Bergwiese ist als Erhaltungsziel für das Natura-2000-Gebiet Nr. 100 "Wald zwischen Kleinschmalkalden und Tambach-Dietharz" in der Thüringer Natura 2000-Erhaltungsziele-Verordnung (ThürNEzVO) aufgeführt. Zu 5.: Die Baumfällungen wurden im Rahmen einer forstlichen Genehmigung zur Nutzungsartenänderung durch das Thüringer Forstamt Schmalkalden zugelassen. Die UNB wurde am Verfahren zur Prüfung der Naturschutzbelange beteiligt. Folgende Auflagen wurden von der unteren Forstbehörde festgelegt: • Räumliche Beschränkung der Rodungsmaßnahme auf ehemalige, landwirtschaftlich genutzte Offenlandbereiche ; • Sicherstellung einer dauerhaften Grünlandnutzung; • Rechtzeitige Einholung des Einverständnisses des Grundeigentümers; • Belassen von landschaftsprägenden Einzel-/Habitatbäumen (Altahorne); • Erhaltung intakter Waldränder in exponierten Lagen; • Zulässiger Durchführungszeitraum November bis Februar, Flächenberäumung bis April möglich; • Flächen-/bestandesschonende Durchführung, gegebenenfalls Abstimmung mit benachbarten Grundstückseigentümern ; • Anzeige des Maßnahmenbeginns bei der zuständigen unteren Naturschutzbehörde; • Inhaltliche Abstimmung der Maßnahme mit der unteren Naturschutzbehörde. Zu 6.: Es sind keine Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im Sinne der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung erforderlich, da kein Eingriffstatbestand nach § 14 BNatSchG erfüllt war. Die Festlegung von Schadensbegrenzungs - wie auch Kohärenzsicherungsmaßnahmen gemäß § 34 Abs. 5 BNatSchG war nicht geboten (siehe Frage 1). Forstrechtliche Ausgleichsmaßnahmen wurden nicht festgelegt. Zu 7.: Im forstlichen Genehmigungsbescheid wurde eine flächen- und bestandsschonende Arbeitsweise im Rahmen der ordnungsgemäßen Forstwirtschaft beauflagt, die die Benutzung von Forsttechnik nicht ausschließt. 3 Drucksache 6/920Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Mit dem Vorhabenträger wurde abgestimmt, vorhandene Wege einschließlich einer Furt durch den Bachlauf zu nutzen. Nach Einschätzung der UNB wurden im Zuge der Durchführungen keine erheblichen Beeinträchtigungen von naturschutzrelevanten Feuchtwiesenflächen und Quellbereichen festgestellt. Zu 8.: Die Maßnahme dient der Wiederherstellung des FFH-Lebensraumtyps Bergwiese. Siegesmund Ministerin