06.08.2015 Drucksache 6/921Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 24. August 2015 Verpflichtende Anwendung standardisierter Vorgehensmodelle bei der Durchführung von IT-Projekten Die Kleine Anfrage 360 vom 26. Juni 2015 hat folgenden Wortlaut: Gemäß § 7 Abs. 5 Thüringer Landeshaushaltsordnung müssen finanzwirksame Maßnahmen während und nach der Durchführung auf Zielerreichung, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit überprüft werden. Mit der Digitalisierungsstrategie der Landesregierung wird auch die Anzahl an IT-Projekten und ihre Komplexität innerhalb der Landesbehörden stetig zunehmen. Bereits im Jahr 2008 empfahl der Bundesrechnungshof eine Reihe von Maßnahmen zur Reduzierung der bei IT-Projekten inhärenten Risiken. Die Bundesbehörden haben die Empfehlungen des Interministeriellen Koordinierungsausschusses für die Informationstechnik in der Bundesverwaltung (IMKA), mittlerweile abgelöst durch den Rat der IT-Beauftragten, aufgenommen und verpflichteten sich zur Anwendung einer Reihe von Standards bei der Durchführung von IT-Projekten, unter anderem zur Anwendung des so genannten V-Modells XT Bund oder der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung (WiBe-Fachkonzept IT). Ich frage die Landesregierung: 1. Ist bei der Durchführung von IT-Projekten in den Landesbehörden und Kommunen die Anwendung des V-Modells XT im Original oder einer landesspezifischen Abwandlung verpflichtend? Wenn nein, welche Gründe sprechen dagegen? 2. Ist bei der Durchführung von IT-Projekten in den Landesbehörden und Kommunen die Anwendung des WiBe-Fachkonzepts IT im Original oder einer landesspezifischen Abwandlung verpflichtend? Wenn nein, welche Gründe sprechen dagegen? 3. Werden für Landes- und Kommunalbedienstete explizit Schulungen zum zertifizierten Qualifikationserwerb für die Durchführung von IT-Projekten nach dem V-Modell XT Standard sowie dem WiBe-Fachkonzept IT angeboten? Wenn ja, wie viele Teilnehmerplätze wurden in den Jahren 2010 bis 2015 angeboten? 4. Wurde seitens der Landesregierung die Steuerungsqualität von IT-Projekten der letzten Jahre statistisch erfasst? Wenn ja, welche Projekt-Erfolgskriterien wurden bewertet und wo wurden die Ergebnisse veröffentlicht? 5. Kann die vom Bund entwickelte Software zur Durchführung einer Projektsteuerung nach dem V-Modell XT und dem WiBe-Fachkonzept IT problemlos durch die Landesbehörden nachgenutzt werden? Wenn nein, welche Gründe sprechen dagegen? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Krumpe (fraktionslos) und A n t w o r t des Thüringer Finanzministeriums 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/921 6. Welche Strategien wurden seitens der Landesregierung erarbeitet, um aus den tradierten Organisationsstrukturen der Thüringer Behörden eine für IT-Projekte notwendige Projektorganisation herzustellen (Stichwort: Linienorganisation vs. Projektorganisation)? 7. Wie häufig wurde Tarifbeschäftigten in den Landesbehörden in den Jahren 2012, 2013 und 2014 in Folge der Wahrnehmung einer dedizierten Projektrolle vorübergehend eine höherwertige Tätigkeit übertragen und diese auch entsprechend der Aufgabenbeschreibung und Verantwortung vergütet? 8. Kann von jeder Landes- und Kommunalbehörde die zur erfolgreichen Durchführung von IT-Projekten notwendige Rollenbesetzung gemäß der V-Modell-XT-Rollenreferenz gewährleistet werden? Wenn nein, welche Gründe führen dazu? 9. Zu welchen projektbezogenen Zeitpunkten wurden in den Landesbehörden Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen bei IT-Projekten durchgeführt, welche standardisierten Kriterien wurden in der WiBe berücksichtigt und ist die Anzahl der durchgeführten Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen je Projekt abhängig von der Gesamtprojektlaufzeit? 10. Hält die Landesregierung die Einrichtung eines IT-Dienstleistungsstabs, welcher sich beispielsweise analog zur Bundesanstalt für IT-Dienstleistungen auf das IT-Projektmanagement ressortübergreifend spezialisiert, für sinnvoll? Wenn nein, welche Gründe sprechen dagegen? Das Thüringer Finanzministerium hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 6. August 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Es liegt keine Verpflichtung zur Anwendung des V-Modells XT bei den Landesbehörden vor. Die Sinnhaftigkeit einer Anwendung für das jeweilige Projekt und die damit einhergehenden Anforderungen sind zu prüfen. Zu 2.: Die Anwendung des WiBe-Fachkonzeptes ist nicht verpflichtend vorgesehen. Im Vorfeld sämtlicher Beschaffungsmaßnahmen werden Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen unter Berücksichtigung der Thüringer Landeshaushaltsordnung durchgeführt und dokumentiert. Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen nach dem WiBe-Fachkonzept IT kommen in Abhängigkeit von Projektart und -größe zum Einsatz. Zu 3.: In den Jahren 2010 bis 2012 wurden vom Weiterbildungszentrum des Thüringer Landesrechenzentrums Schulungen zu den Themen "Durchführung von IT-Projekten nach dem V-Modell XT" und "Softwareunterstützte Wirtschaftlichkeitsberechnungen sowie Erfolgskontrolle mit dem WiBe-Kalkulator" angeboten. Das Angebot für die einmal jährlich angebotenen Schulungsveranstaltungen richtete sich an Landes- und Kommunalbedienstete . Die Teilnehmerzahl belief sich bei den Maßnahmen zum V-Modell XT durchschnittlich auf acht Bedienstete und beim WiBe-Fachkonzept auf durchschnittlich sechs Bedienstete. Zu 4.: Eine Erfassung von zentraler Stelle erfolgte nicht. Zu 5.: Eine Nutzung der Software ist grundsätzlich möglich. Die Software zur Projektsteuerung nach dem V-Modell XT und dem WiBe-Fachkonzept wird in einem kostenfreien Download durch den Bund zur Verfügung gestellt. Zu 6.: Der organisatorische Aufbau obliegt den Ressorts in eigener Zuständigkeit. Bei Bedarf und seitens der Ressorts können von der Regelorganisation abweichende Projektstrukturen eingerichtet werden. Zu 7.: Im Thüringer Landeskriminalamt wurden in den Jahren 2012 und 2014 in Folge der Wahrnehmung einer dedizierten Projektrolle jeweils einem Tarifbeschäftigten temporär gemäß § 14 des Tarifvertrags für den Öffentlichen Dienst der Länder eine Zulage gewährt. In der Landespolizeidirektion und deren nachgeord- 3 Drucksache 6/921Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode neten Bereich wurde im erfragten Zeitraum in einem Fall ein Mitarbeiter der Entgeltgruppe 8 im Rahmen eines Projektes aufgrund von geleisteten Programmier- und Softwareanpassungsarbeiten in die Entgeltgruppe 9 transferiert. In den anderen Landesbehörden erfolgte keine Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit und somit auch keine damit einhergehende Änderung der Vergütung. Zu 8.: Soweit das V-Modell XT zum Einsatz kommt, erfolgt die Besetzung der Rollen. Dies geschieht entsprechend der Erfordernisse der jeweiligen Projekte. Zu 9.: Die Landesbehörden verfahren grundsätzlich nach den Vorgaben der Thüringer Landeshaushaltsordnung. Weiterhin können bei anstehenden WiBe die "Empfehlung zur Durchführung von Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen in der Bundesverwaltung, insbesondere beim Einsatz von IT" WiBe 4.1 berücksichtigt werden. Zu 10.: Größere, ressortübergreifende Projekte können je nach verfügbaren Ressourcen, durch das Thüringer Landesrechenzentrum durchgeführt oder unterstützt werden. Taubert Ministerin