18.08.2015 Drucksache 6/939Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 1. September 2015 Zu den Umweltauswirkungen innerstädtischer Betriebe in Heilbad Heiligenstadt - nachgefragt Die Kleine Anfrage 368 vom 25. Juni 2015 hat folgenden Wortlaut: Die Antworten auf die Kleinen Anfragen 158 und 159 "Zu den Umweltauswirkungen innerstädtischer Betriebe in Heilbad Heiligenstadt" machen einige weiterführende Nachfragen erforderlich. Wenn auch nicht von der Verwaltung des Landkreises Eichsfeld dokumentiert, so konzentriert sich die Unzufriedenheit mit den Zuständen bei dem in Rede stehenden Wäschereibetrieb nicht nur auf einen einzelnen Bürger, sondern auf eine ganze Reihe von Anwohnerinnen und Anwohnern. Deren Aussagen machen deutlich, dass die Belastungen im Umfeld des Wäschereibetriebes/der Chemischen Reinigung in den letzten Jahren in Bezug auf die Nachtarbeit sowie auf nächtliche Transporte deutlich zugenommen haben. Die in Drucksache 6/539 beschriebene und vom Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz (TLV) durchgeführte Prüfung legt offen, dass es grundsätzlich keine Sonn- und Feiertagsarbeit in dem Wäschereibetrieb gibt. Das Umweltamt des Landratsamts Eichsfeld hat eine unangemeldete nächtliche Lärmmessung in der 17. Kalenderwoche 2015 vor Ort durchgeführt. Ich frage die Landesregierung: 1. Sind die erwähnten "Altgenehmigungen" für den Wäschereibetrieb, der seinen Betrieb am Standort 1982 aufgenommen hat, befristet, und wenn ja, wann laufen diese aus? 2. Unter welchen Bedingungen erlöschen "Altgenehmigungen" bzw. bleiben erhalten? 3. Über welche Möglichkeiten zu einer außerordentlichen Überwachung der auffälligen Firma verfügen die zuständigen Immissionschutzbehörden solange "Altgenehmigungen" eine korrekte Behandlung des Falles nicht zulassen? 4. War der Geräuschpegel beim Anfahren des Wäschereibetriebes, u.a. das halbstündliche Anlaufen der Trockner, Bestandteil der "tatsächlichen Betriebszustände nach TA-Lärm", die im Rahmen der Messungen am 5. Februar 2015 untersucht wurden, und wenn nein, warum nicht? 5. Kam es in den vergangenen Jahren zu dokumentierten Havariefällen im Wäschereibetrieb, die zu höheren Lärmimmissionen geführt haben können (bitte Tag, Dauer der Havariefälle auflisten)? 6. Sind für das Firmengelände Rettungswege, insbesondere für die Feuerwehr, in ausreichendem Umfang vorhanden? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Adams (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/939 7. Wurde aufgrund des als unkritisch beschriebenen "üblichen Wäschereibetriebes mit entsprechender Technik" als Ergebnis der Messungen vom 5. Februar 2015 eine Erweiterung der Anlage am Standort genehmigt, und wenn nein, an welchem aktuellen Stand befindet sich das Verfahren? 8. Eine Verlagerung, insbesondere der Beladung von Firmen-LKW der Wäscherei auf die westliche Seite der Firma, wird als unwirksam angesehen: Wie können regelmäßige Belastungen bei der Beladung in der Zeit vor 06:00 Uhr deutlich minimiert werden? 9. Gehört das beobachtete Waschen von Firmen-LKW auf dem zum Teil unbefestigten Betriebsgelände zum Betriebsablauf? 10. Wie wird eine sachgerechte Aufarbeitung der Abwässer sichergestellt und ein unkontrolliertes Versickern in den Untergrund bzw. ein Abfluss in die oberirdischen Fließgewässer verhindert? 11. Welche weiteren baulichen Maßnahmen sind am Wäschereibetrieb zur Verbesserung der Umweltsituation geplant (bitte detailliert auflisten in: Art der Maßnahme, erwartete Wirkung, Zeitraum der Umsetzung)? 12. Wie erklärt sich der Widerspruch aus dem Ergebnis der in der Antwort zu Frage 5 in Drucksache 6/539 dargelegten Prüfung des TLV und den nach wie vor existierenden Aussagen von Anwohnern, dass Sonnund Feiertagsarbeit sowie - wie in der Einleitung erwähnt - auch Nachtarbeit auf dem Areal des Wäschereibetriebes beobachtet wurde und sieht die Landesregierung diesbezüglich weiterhin Handlungsbedarf oder hält sie den Fall mit der dargelegten Prüfung des TLV für erledigt? 13. Wurden im Rahmen der vom TLV durchgeführten Prüfung neben den festangestellten Arbeitskräften auch das Personal über Zeitarbeitsunternehmen bzw. im Wäschereibetrieb beschäftigte Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter überprüft, und wenn nein, warum nicht? 14. Gibt es mittlerweile einen Antrag bzw. eine Bewilligung für eine Ausnahme zur Beschäftigung an Sonnund Feiertagen für den Wäschereibetrieb oder die Chemische Reinigung? 15. Welche Ergebnisse mit welchen Konsequenzen erbrachte die oben genannte nächtliche Lärmmessung in der 17. Kalenderwoche 2015 vor Ort durch das Umweltamt des Landratsamts Eichsfeld? Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 17. August 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die Baugenehmigung ist nicht befristet. Zu 2.: Eine Baugenehmigung erlischt, wenn von ihr nicht Gebrauch gemacht, die bauliche Anlage anderweitig genutzt , das Gebäude beseitigt oder die Nutzung endgültig aufgegeben wird. Zu 3.: Das Instrument der außerordentlichen Überwachung ist im Bundes-Immissionsschutzgesetz nicht vorgesehen . Überwachungen nichtgenehmigungsbedürftiger Anlagen wie des in Rede stehenden Wäschereibetriebes durch die zuständige Immissionsschutzbehörde werden anlassbezogen durchgeführt. So genannte "Altgenehmigungen" sind kein Hindernis für rechtskonformes Handeln zuständiger Behörden. Zu 4.: Die Messung wurde am 5. Februar 2015 in der Zeit von ca. 20.30 Uhr bis 22.30 Uhr durchgeführt. Während der Messzeit wurde die Wäscherei bestimmungsgemäß betrieben, alle Anlagen inklusive der drei Trockner waren zunächst in Betrieb. Um 21.55 Uhr wurden alle Anlagen abgefahren und ausgestellt, um Fremdgeräusche zu ermitteln. Gegen 22.10 Uhr wurden alle nach Betreiberangaben üblicherweise nachts laufenden Anlagen, u. a. zwei Trockner, wieder in Betrieb genommen. Der Geräuschpegel beim Anfahren des Wäschereibetriebes war insofern Bestandteil der Messung. 3 Drucksache 6/939Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 5.: Das Immissionsschutzrecht kennt den Begriff der Havarie nicht. Die Zwölfte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Störfall-Verordnung - 12. BImSchV) definiert lediglich den Störfall, der etwa durch Brand oder Explosionen größeren Ausmaßes zu einer ernsten Gefahr oder zu Sachschäden führt und bei dem gefährliche Stoffe beteiligt sind. In diesem Sinne gab es im Wäschereibetrieb keine Störfälle oder Havarien. Aus den Akten gehen folgende lärmrelevante Ereignisse hervor: Datum Ereignis Dauer 5., 6., 7. und 11.08.2003 Dampfausstoß über Überdruckventil mehrere Minuten 03.07.2006 Dampfausstoß über Überdruckventil mehrere Minuten 23.11.2006 Dampfausstoß über Überdruckventil ca.45 Minuten 15.08.2008 Dampfausstoß über Überdruckventil ca.30 Minuten 01.09.2008 und 09.09.2008 Dampfausstoß über Überdruckventil unbekannt 12.09.2008 Dampfausstoß über Überdruckventil ca.30 Minuten 14.06.2009 Dampfausstoß über Überdruckventil unbekannt 06.04.2015 Heißwasseraustritt durch undichtes Ventil unbekannt 09.04.2015 Dampferzeugerausfall unbekannt 22.04.2015 Dampfschläge unbekannt 23.04.2015 Beladen eines Bauschuttcontainers unbekannt 10.05.2015 Rückwärtsfahrtwarnhupe eines LKW unbekannt 07.06.2015 Rückwärtsfahrtwarnhupe eines LKW unbekannt Zu 6.: Die Feuerwehrzufahrt erfolgt von der Leinegasse (Westseite) in einer ausreichenden Breite entlang der Gebäudelängsseiten . Die südliche Zufahrt dient gleichzeitig als Zuwegung zum Heizkraftwerk und zum Betriebsgelände des innerstädtischen Betriebes. Sie ist immer freizuhalten. An der Nordseite entlang des Flusses Leine ist die Zufahrt für die Feuerwehr ebenfalls gegeben. Zu 7.: Am 18. Februar 2015 wurde die Verlegung des Ladengeschäfts aus dem mittleren Betriebsbereich (mit Zugang von der Südseite) auf die Westseite (mit Zugang Straßenseite Leinegasse) genehmigt. Mit dieser Maßnahme wird der Kundenverkehr aus dem rückwärtigen Betriebsgelände herausgenommen. Diese Genehmigung beinhaltet keine Veränderungen im Produktionsbereich. Weiterer Inhalt der Genehmigung war die Instandsetzung des Büro- und Sozialtraktes im 1. Obergeschoss des Verwaltungsgebäudes auf der Westseite des Grundstückes. Zum aktuellen Genehmigungsstand enthält die Antwort auf die Frage 15 weitere Informationen. Zu 8.: Die Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm) definiert Beurteilungszeiten tags von 6.00 bis 22.00 Uhr und nachts von 22.00 bis 6.00 Uhr. Für diese gelten gemäß Nr. 6.1 der TA Lärm in Abhängigkeit von der baurechtlichen Gebietseinstufung um bis zu 15 dB(A) differierende Immissionsrichtwerte zulässiger Geräuschpegel für den Tag und die Nacht. Diese Immissionsrichtwerte sind durch die relevanten Geräuschquellen einer Anlage unter Beachtung des Standes der Lärmminderungstechnik einzuhalten. Ein Hinausschieben der Nachtzeit um bis zu zwei Stunden, wie die Fragestellung impliziert, sieht die TA Lärm nicht vor. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/939 Zu 9. und 10.: Des Sachzusammenhanges wegen werden die Fragen 9 und 10 gemeinsam beantwortet. Inhalt der Antragstellung und der Genehmigung von 1982 war keine LKW-Wascheinrichtung. Diesbezüglich wurde auch baurechtlich keine nachträgliche Genehmigung erteilt. Dem Umweltamt ist weder aufgrund einer Anzeige noch in sonstiger Weise ein Waschvorgang bekannt. Auch liegen keine Erkenntnisse über einen Waschplatz vor. Die Zufahrtswege und die Hoffläche sind mit Asphalt und Beton befestigt und mit Einläufen für die Oberflächenentwässerung versehen. Abscheideanlagen waren nach der Genehmigungsplanung nicht vorgesehen. Zu 11.: Weitere geplante bauliche Veränderungen oder Maßnahmen sind dem Landratsamt des Eichsfeldkreises derzeit nicht bekannt. Mit der genehmigten Umbaumaßnahme vom Februar 2015 sollte der Kundenverkehr aus dem rückwärtigen Betriebsgelände herausgenommen werden. Diese Maßnahme dient gleichzeitig der Minderung der Beeinträchtigung der anliegenden Grundstücksnachbarn. Zu 12.: Die zu der Frage 5 der Kleinen Anfrage 158 übermittelten Aussagen bezogen sich ausschließlich auf den Betrieb der Wäscherei. Diesbezüglich hat sich nach dem Kenntnisstand des Thüringer Ministeriums für Arbeit , Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie nichts geändert. Allerdings ist zwischenzeitlich festgestellt worden, dass an Sonntagen mindestens einmal täglich ein Anlieferverkehr von werkseigenen LKWs erfolgt. Diesbezüglich ist die Prüfung des Thüringer Landesamtes für Verbraucherschutz (TLV), ob dies als Transporttätigkeit im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 10 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) zulässig ist, noch nicht abgeschlossen. Zu 13.: Die Kleinen Anfragen 158 und 159 bezogen sich ausschließlich auf die Zulässigkeit von Sonntags-, Feiertags - und Nachtarbeit. Für weitere Prüfungen bestand keine Veranlassung. Darüber hinaus spielt es bei der Prüfung der Zulässigkeit von Sonntagsarbeit keine maßgebliche Rolle, ob dafür festangestellte Arbeitskräfte oder Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer eingesetzt werden. Zu 14.: Dem TLV liegt kein aktueller Antrag zur Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen für den Wäschereibetrieb vor. Zu 15.: Eine behördliche, orientierende Schallpegelmessung erfolgte am 28. April 2015 von 3.45 bis 5.10 Uhr. Dabei wurden bei Betrieb der Trockner und durch den ständigen Rangier- und Verladebetrieb deutliche Überschreitungen des Immissionsrichtwertes um mindestens 7 dB(A) festgestellt. Mit Schreiben vom 21. Mai 2015 wurde der Anlagenbetreiber bezüglich einer vom Eichsfeldkreis als unterer Immissionsschutzbehörde vorgesehenen Untersagung lärmintensiver Tätigkeiten, wie dem Betrieb von Trocknern sowie Verlade- und Rangierverkehr nachts in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr, angehört. Der Anlagenbetreiber hat die rechtlich gegebene Möglichkeit wahrgenommen, sich im Anhörungsverfahren zu den anzuordnenden Auflagen zu äußern. Der Eichsfeldkreis erließ daraufhin am 13. Juli 2015 eine immissionsschutzrechtliche Anordnung mit folgenden Auflagen zur Betriebsführung des Wäschereibetriebes: Zum nächstmöglichen Zeitpunkt, spätestens jedoch einen Monat nach Zustellung des Bescheides sind - die Verladung und das Rangieren mit LKW nachts zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr zu unterlassen und - nach außen führende Türen, Fenster und Tore nachts während der Durchführung lärmintensiver Tätigkeiten geschlossen zu halten. Darüber hinaus wurde der nächtliche Betrieb der lärmrelevanten Anlagen, insbesondere der Trockner, zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr zum nächstmöglichen Zeitpunkt, spätestens einen Monat nach Zustellung, untersagt. 5 Drucksache 6/939Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Alternativ sind zum nächstmöglichen Zeitpunkt, spätestens jedoch sechs Monate nach Zustellung des Bescheides , nach dem Stand der Technik entsprechende bauliche Maßnahmen oder in ihrer Wirkung vergleichbare technische und/oder organisatorische Maßnahmen zum Schallschutz, insbesondere an den Trocknern, so umzusetzen, dass nachweislich der nächtliche Betrieb der Anlagen nicht relevant zu einer Überschreitung des nächtlichen Immissionsrichtwertes in Höhe von 45 dB(A) beiträgt. In diesem Fall ist spätestens drei Monate nach Umsetzung der Maßnahmen eine Schallimmissionsmessung einer nach §§ 26/29b des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bekannt gegebenen Messstelle auf Kosten des Betreibers durchzuführen . Der Messbericht ist unmittelbar nach Durchführung der Messung der unteren Immissionsschutzbehörde vorzulegen. Des Weiteren wurden Zwangsmittel angedroht. Inwieweit die Anordnung bestandskräftig wird bzw. durch den Anlagenbetreiber Rechtsmittel gegen sie eingelegt werden, bleibt abzuwarten. Siegesmund Ministerin