18.08.2015 Drucksache 6/940Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 1. September 2015 Gehaltskürzungen bei Lehrern und Erziehern im Landesdienst in Thüringen, die an Streiks teilgenommen haben? Die Kleine Anfrage 396 vom 17. Juli 2015 hat folgenden Wortlaut: In den diesjährigen Tarifauseinandersetzungen um die Entlohnung des pädagogischen Perso nals ist es auch in Thüringen zu Streiks gekommen. Angestellte Lehrer und Erzieher im Landesdienst haben sich an den Streiks beteiligt. Dem Vernehmen nach ist es bei diesen Personen gruppen anschließend zu Gehalts kürzungen für die Zeiträume gekommen, in denen sie an den Streiks teilgenommen haben. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele angestellte Lehrer und Erzieher im Landesdienst in Thüringen haben sich an den genannten Streiks beteiligt? 2. Ist die Information korrekt, dass bei diesen Personengruppen für die Zeiträume, an denen sie an den Streiks teilgenommen haben, Gehaltskürzungen vorgenommen worden sind? Wenn ja, wie begründet die Landesregierung ihr Vorgehen? 3. Bei welchen Streiks in der vergangenen Legislaturperiode ist es bei Landesbediensteten zu Gehalts kürzungen für die Zeiträume gekommen, an denen sie an diesen Streiks teilgenommen haben? Falls es eine solche Praxis bisher in Thüringen nicht gegeben haben sollte: Aus welchen Gründen weicht die Landesregierung diesmal von ihrem bisherigen Vorgehen ab? Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 14. August 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Im Geschäftsbereich des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport ging aus den Meldungen der personalführenden Dienststellen hervor, dass sich ca. 500 Landesbedienstete im Rahmen der Tarifaus einandersetzung des Jahres 2015 an Streiks beteiligt haben. Diese Informationen dienten lediglich der Ab sicherung der erforderlichen Betreuungen vor Ort. Detaillierte Meldungen ergingen von den personalführenden Dienststellen zu jedem einzelnen Bediensteten zur Berücksichtigung bei der Entgeltabrechnung an die Landesfinanzdirektion - Abteilung Bezüge. K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Rosin (SPD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/940 Zu 2.: Ja; die Entgeltkürzungen rechtfertigen sich aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Kol lektivarbeitsrecht (grundlegend dazu BAG, Großer Senat, Beschluss vom 28. Januar 1955, GS 1/54, seit her herrschende Meinung), wonach die Streikteilnahme eines Arbeitnehmers für die Dauer des Streiks die gegenseitigen arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten suspendiert. Dies bedeutet, dass der Arbeitneh mer, ohne den Bestand des Arbeitsverhältnisses zu gefährden, zwecks Streikteilnahme der Arbeit fernblei ben darf und nicht zur Nachleistung der Arbeitszeit verpflichtet ist. Im Gegenzug schuldet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die Zeit, in der dieser streikbedingt der Arbeit fernbleibt, kein Entgelt. Näheres zu den Rechten und Pflichten bei Streikteilnahme ist in den Arbeitskampfrichtlinien der Tarifge meinschaft deutscher Länder (TdL) geregelt, die im Internet z. B. unter www.schulministerium.nrw.de/docs/ Recht/Dienstrecht/Tarifrecht/RichtlinienArbeitskampf.pdf abrufbar sind. Zu 3.: In der vergangenen Legislaturperiode (2009 bis 2014) fanden in den Jahren 2011 und 2013 die Tarifverhand lungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes der Länder statt. Im Vorfeld dieser Tarifverhandlungen erhielten die obersten Landesbehörden nochmals die Richtlinien der TdL für den Fall eines Arbeitskamp fes (Arbeitskampfrichtlinien der TdL) vom 7. Februar 2006 in aktualisierter Fassung und zur Weiterleitung an alle Dienststellen des jeweiligen Geschäftsbereichs. Die Arbeitskampfrichtlinien, die den Ressorts erstmals mit Schreiben des damals zuständigen Thüringer In nenministeriums vom 26. Februar 1991 mit der Bitte um entsprechende Verfahrensweise übermittelt wur den, regeln u. a. im Zusammenhang mit Streikmaßnahmen der Gewerkschaften stehende Verpflichtungen der Dienststellen. Bezüglich des Arbeitsentgelts stellt Buchstabe F Abschnitt I Nr. 2 der Arbeitskampfrichtlinie der TdL aus drücklich klar, dass für die wegen der Beteiligung an Arbeitskampfmaßnahmen ausfallende Arbeitszeit kein Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht. Es wird davon ausgegangen, dass auch in den vorhergehenden Jahren alle Dienststellen entsprechend der Arbeitskampfrichtlinien gehandelt und in Fällen von Streikteilnahme die entsprechenden Meldungen über den Ausfall der Arbeitszeit aufgrund der Streikteilnahme an die Landesfinanzdirektion - Abteilung Bezüge - zur Berücksichtigung bei der Entgeltabrechnung übermittelt haben. Eine Auswertung der Gehaltskürzungen bei Landesbediensteten, die an Streiks teilgenommen haben, liegt nicht vor. Für grundsätzlich stundenweise stattgefundene Warnstreiks ist eine Ermittlung im Rahmen eines vertretbaren Verwaltungsaufwandes nicht möglich. Fehlen Tarifbeschäftigte stundenweise, wird das Ent gelt über einen sogenannten Einmalzahlungsschlüssel einbehalten, der auch für jede andere stundenwei se Freistellung genutzt wird. Die erbetenen Angaben für den in Betracht kommenden Zeitraum könnten da her nur an Hand der Sichtung der einzelnen Personalakten aller Tarifbeschäftigten des Landes durch die Landesfinanzdirektion - Abteilung Bezüge - ermittelt werden. In Vertretung Ohler Staatssekretärin