19.08.2015 Drucksache 6/944Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 8. September 2015 Beschulung und Freizeitgestaltung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in Thüringen Die Kleine Anfrage 365 vom 30. Juni 2015 hat folgenden Wortlaut: Vor dem Hintergrund des Gesetzesvorschlags der Bundesregierung zur Änderung des Achten Buches So zialgesetzbuch (SGB VIII) werden ab dem 1. Januar 2016 aller Voraussicht nach unbegleitete minderjähri ge Flüchtlinge nach dem Königsteiner Schlüssel auf die Bundesländer verteilt. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Auswirkungen hat die Zahl der nach Thüringen umverteilten unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlinge und die allgemeine Schulpflicht auf die einzelnen Schulamtsbereiche im Allgemeinen und deren Schulen im Detail? 2. Bis zu welcher Maximalgröße werden die Schulklassen in Thüringen voraussichtlich anwachsen? 3. Wie viele zusätzliche Lehrer werden bis zum Jahr 2018 benötigt (bitte nach Jahren und benötigtem Fachgebiet aufschlüsseln)? 4. Wie viele Lehrer wurden und werden im Zeitraum 2010 bis 2018 in Thüringen ausgebildet und wie viele davon verlassen jährlich den Thüringer Arbeitsmarkt durch Ruhestand, Wegzug etc. (bitte nach Jahren und Fachgebiet aufschlüsseln)? 5. Werden für die Freizeitgestaltung der betroffenen Kinder und Jugendlichen in Thüringen zusätzliche Gelder bereitgestellt, wenn ja, in welcher Höhe, wenn nein, warum nicht? Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 17. August 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Für die Beschulung von Kindern nichtdeutscher Herkunftssprache bildet die regionale Unterbringung in den Kommunen den Ausgangspunkt. Nach dem Thüringer Schulgesetz beginnt die Schulpflicht für Kinder und Jugendliche drei Monate nach dem Zuzug aus dem Ausland. Dies betrifft auch unbegleitete ausländische Kinder und Jugendliche. Der Schulleiter legt für jeden aus dem Ausland zugezogenen Schulpflichtigen fest, in welche Klassenstufe der Grund oder Regelschule, der Gemeinschaftsschule, des Gymnasiums oder der Förderschule er eingewiesen wird. Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache werden in K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Krumpe (fraktionslos) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/944 der Regel in die ihrem Alter bzw. ihrem bisherigen Schulbesuch entsprechende Klassenstufe aufgenommen. Sollten die Schülerinnen und Schüler keine oder nur geringe Kenntnisse der deutschen Sprache haben, er folgt im Rahmen der individuellen Förderung eine Sprachförderung im Unterricht Deutsch als Zweitsprache. Für jugendliche Flüchtlinge ab 16 Jahren ohne Schulabschluss, die nicht mehr der Vollzeitschulpflicht un terliegen, bietet der berufsbildende Bereich mit einer besonderen Berufsvorbereitungsmaßnahme, die ei nen hohen Anteil an Unterricht Deutsch als Zweitsprache aufweist, die Möglichkeit, schulische Bildung zu erfahren und einen Schulabschluss zu erwerben. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) hat einen Gesetzentwurf zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung unbegleiteter ausländischer Kinder und Ju gendlicher eingebracht. Es soll am 1. Januar 2016 in Kraft treten. Geplant ist eine dreimonatige Übergangs frist, so dass in Thüringen voraussichtlich im April 2016 die im Rahmen der beabsichtigten Umverteilung zu gewiesenen unbegleiteten ausländischen Kinder und Jugendliche aufgenommen sein werden. Welches Alter die Kinder und Jugendlichen haben, ob sie noch schulpflichtig sind, welche schulischen Er fahrungen und Vorkenntnisse sie besitzen, ist derzeit nicht bekannt. Hiernach richtet sich jedoch die Auf nahme in eine Schulart und Zuweisung in eine Klassenstufe. Daher können aktuell keine näheren Aussa gen getroffen werden. Auch liegen keine statistischen Angaben für den Schulbesuch von unbegleiteten ausländischen Kindern und Jugendlichen vor. Zu 2.: Für eine Maximalgröße von Schulklassen gibt es keine Vorgaben. Auf der Grundlage der pauschal zuge wiesenen Wochenstunden entscheidet die Schule in eigener pädagogischer Verantwortung über die Bil dung von Klassen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Zu 3.: Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Zu 4.: Die Ausbildungsplatzhöchstzahl bestimmt sich gemäß § 3 Abs. 2 Thüringer Gesetz zur Regelung der Zu lassung zum Vorbereitungsdienst für Lehramtsanwärter (ThürLZuG) nach den Festlegungen des Landes haushalts. Diese betrugen bzw. betragen im abgefragten Zeitraum: Haushaltsjahr Ausbildungsplatzhöchstzahl 2010 400 seit 2011 500 Davon besetzt wurden bis 2015 bzw. sollen besetzt werden ab 2016 folgende Plätze, wobei die Einstellun gen jeweils zum 1. Februar und zum 1. August erfolgen: Haushaltsjahr Ausbildungsplätze für das Lehramt an/für Grund schulen Regel schulen Gymnasien Förder pädagogik berufsbildende Schulen Gesamt 2010 102 68 130 17 42 359 2011 134 94 142 19 40 429 2012 133 77 151 16 44 421 2013 164 99 173 15 31 482 2014 154 93 207 18 23 495 2015 80 60 193 24 37 394 2016 500 2017 500 2018 500 3 Drucksache 6/944Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Eine Statistik darüber, wie viele der in Thüringen ausgebildeten Lehramtsanwärter danach in den Thürin ger Schuldienst übernommen werden oder in andere Länder bzw. andere Berufe abwandern, liegt nicht vor. Zu 5.: Die Finanzierung der Freizeitgestaltung von unbegleiteten minderjährigen ausländischen Kindern und Ju gendlichen, die in Clearingeinrichtungen und in Nachfolgeeinrichtungen der Erziehungshilfe stationär un tergebracht und betreut werden, ist im Entgeltsatz der jeweiligen Einrichtung berücksichtigt. Unbegleite te minderjährige ausländische Kinder und Jugendliche erhalten die gleichen Jugendhilfestandards wie alle anderen Kinder und Jugendlichen in Einrichtungen der Erziehungshilfe. In Vertretung Ohler Staatssekretärin