25.08.2015 Drucksache 6/966Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 14. September 2015 Unfälle im Schulalltag an Thüringer Schulen Die Kleine Anfrage 393 vom 8. Juli 2015 hat folgenden Wortlaut: An Thüringer Schulen gibt es laut einem Artikel der Thüringer Allgemeinen eine hohe Anzahl an Unfällen. Insgesamt wurden in Thüringen im Vorjahr 41.600 Unfälle gemeldet. Der Großteil waren hierbei Gehirnerschütterungen und Verrenkungen. Solche Unfälle geschehen hauptsächlich im Sportunterricht oder auf dem Schulhof. Grund für Verletzungen könnte die zunehmende Unsportlichkeit der Schüler sein. Forscher und Krankenkassen fordern seit vielen Jahren die Erweiterung des Sportunterrichts, da immer mehr Kinder im Alter von 6 bis 14 Jahren große Defizite in Koordination, Kondition und der allgemeinen Sportlichkeit besitzen. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Unfallzahlen an Thüringer Schulen liegen der Landesregierung rückblickend für die letzten fünf Jahre vor (bitte nach Jahren und Unfallart aufgliedern)? 2. Gibt es Bestrebungen der Landesregierung mehr Sportunterricht an Schulen zu etablieren? Wenn nein, aus welchen Gründen nicht? 3. Welche Maßnahmen trifft die Landesregierung, um in Zukunft Unfälle an Thüringer Schulen durch Prävention zu verhindern? 4. Gibt es bisher Präventionsprojekte, die den Schülern helfen den Schulalltag sicher zu bewältigen? Wenn ja, welche? Wenn nein, weshalb nicht? 5. Welcher Bedarf an Sportlehrern wird für die kommenden fünf Jahre in Thüringen und speziell für den Ilm-Kreis gesehen? 6. Wie viel Stundenausfall im Fach Sport gab es in den vergangenen fünf Jahren in Thüringen und speziell im Ilm-Kreis (bitte für den Ilm-Kreis nach Schulen aufgliedern)? 7. Welchen Altersdurchschnitt haben Sportlehrer an den Thüringer Schulen? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Bühl (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/966 Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 24. August 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die erbetenen Daten wurden von der Unfallkasse Thüringen (UKT) zur Verfügung gestellt und sind als Anlage beigefügt. Zu 2.: Der Sportunterricht steht im Zentrum schulischer Bewegungs-, Spiel- und Sporterziehung. Aufgrund seiner Eigenschaft als einziges Bewegungsfach leistet der Sportunterricht einen unverzichtbaren Beitrag zur Verwirklichung des schulischen Bildungs- und Erziehungsauftrages. Seit 1991 gibt es in Thüringen keine Veränderung der Stundentafel im Fach Sport. So hält der Freistaat auch trotz bundesweiter Diskussionen um die Abschaffung der 3. Sportstunde an der derzeit gültigen Stundentafel fest. Eine Erhöhung der Anzahl der Sportstunden pro Woche wäre fachlich zwar zu befürworten, jedoch zu Lasten anderer Unterrichtsfächer nicht durchsetzbar. Zu 3.: Die UKT hat aktuell in Kooperation mit dem TMBJS ein Projekt entwickelt, um Schulen bei der Vermeidung von Unfällen zu unterstützen. Die klassischen Unfallursachen sind nicht mehr überwiegend auf technische oder bauliche Mängel zurückzuführen . Oftmals spielen mangelnde Bewegung, reduzierte Aufmerksamkeit, Gewalt oder ein ungünstiges Schulklima eine bedeutende Rolle. Aus diesem Grund entschied sich die UKT für eine Individualbetreuung der Schulen, um zielgerichtete Maßnahmen zu initiieren, die u.a. in der Verhaltensprävention ansetzen. Jede teilnehmende Schule kann mit einem Schulentwicklungspreisgeld von bis zu 3.000 Euro ausgezeichnet werden. Die Begleitung des Schulentwicklungspreises beginnt ab dem Schuljahr 2015/2016 mit je zwei Schulen pro Schulamt und wird jedes weitere Schuljahr um zwei weitere Schulen pro Schulamt ausgedehnt. In Vorbereitung und als Gesprächsgrundlage wählt die UKT ca. zehn Schulen pro Schulamtsbereich, unabhängig von der Schulart und der Trägerschaft aus. Dabei sind Berechnungen zur Unfallquote und zu den Kosten je Unfall entscheidend. Danach wird unter Beteiligung des jeweiligen Schulamtes, des Sachkostenträgers und der UKT entschieden, welcher Schule das konkrete Angebot der Unterstützung und Begleitung unterbreitet wird. Die Aufsichtsperson der UKT nimmt Kontakt mit der ausgewählten Schule auf. Falls die Schule sich an der Maßnahme beteiligen möchte, werden anhand einer Bewertungsmatrix und dem Ergebnis aus dem "Schulprofil " konkrete Handlungsfelder für die Schule generiert. Darauf aufbauend schließt die Schule mit der UKT eine Kooperationsvereinbarung mit konkreten Handlungsfeldern und Zielstellungen (z.B. Unfallprävention im Schulsport, schulinterne Fortbildungen, messtechnische Dienste zu Lärm, CO2, Beleuchtung und Fussbodenglätte , Deeskalationstraining) ab. In Abstimmung der Aufsichtsperson der UKT mit dem jeweiligen Schulamt werden die systemischen Möglichkeiten zur Unterstützung der Schule abgestimmt. Nach Abschluss des zweijährigen Entwicklungszeitraums wird der Zielerreichungsgrad der jeweiligen schulischen Entwicklung erneut überprüft und ausgewertet. Zu 4.: Die UKT hält selbst und/oder in Kooperation mit dem ThILLM sowie dem TMBJS eine Reihe von Angeboten vor, um Schulen den gezielten Einsatz spezieller Präventionsmaßnahmen entsprechend den Bedarfen zu ermöglichen. Dies geht über die Fortbildung von Lehrkräften zu bestimmten Themen, die schulscharfe Beratung der Fachaufsicht der UKT über die Bereitstellung von speziellen Programmen der UKT bis hin zur Möglichkeit des Abrufs von finanziellen Ressourcen für die Schulen für den Einsatz spezieller Angebote bei klarer Bedarfsanalyse. Vom generellen Einsatz von Präventionsprojekten zur Vorbeugung von Schülerunfällen ist derzeit aber abzusehen , da die möglichen Unfallursachen häufig nicht genau bestimmt werden können. 3 Drucksache 6/966Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Die Fachhochschule Frankfurt am Main führt derzeit im Auftrag der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) eine Panel-Studie zum "Gesundheitsverhalten und Unfallgeschehen im Schulalter" durch. Mit dieser Studie soll das Unfallgeschehen im schulischen Kontext untersucht werden, um mögliche Ursachen zu erkennen. Damit kann ein wichtiger Grundstein für das zukünftige Vorhalten und den Einsatz schulscharfer ursachenspezifischer Präventionsangebote gelegt werden. Zu 5.: Der voraussichtliche Ersatzbedarf für das Fach Sport (Fortschreibung des Personalbestandes auf der Grundlage der Verträge und Aufteilung der Fachkombination mit dem Verfahren der Optimierung in VZB) beträgt: Ersatzbedarf Thüringen Schulamtsbereich Westthüringen 2015/16 0 0 2016/17 0 0 2017/18 1 1 2018/19 7 2 2019/20 35 7 2020/21 71 14 Die fachspezifische Berechnung wird nach Schulamtsbereichen und für die Grund-, Regelschule und das Gymnasium vorgenommen. Ein Ersatzbedarf von einer VZB kann bedeuten, dass bei einem Zweifachlehrer zwei Personen notwendig sind, um den Bedarf für Sport und das Zweitfach zu decken. Zu 6.: Im Schuljahr 2010/2011 fielen in Thüringen 867 Unterrichtsstunden Sport ersatzlos aus, davon 18 im Ilm-Kreis. Im Schuljahr 2011/2012 fielen in Thüringen 1025 Unterrichtsstunden Sport ersatzlos aus, davon 18 im Ilm-Kreis. Im Schuljahr 2012/2013 fielen in Thüringen 1138 Unterrichtsstunden Sport ersatzlos aus, davon 33 im Ilm-Kreis. Im Schuljahr 2013/2014 fielen in Thüringen 1120 Unterrichtsstunden Sport ersatzlos aus, davon 60 im Ilm-Kreis. Im Schuljahr 2014/2015 fielen in Thüringen 1252 Unterrichtsstunden Sport ersatzlos aus, davon 50 im Ilm-Kreis. Zu 7.: Das Durchschnittsalter der Lehrerinnen und Lehrer an den Thüringer staatlichen allgemein bildenden Schulen mit einer Tätigkeit im Sportunterricht betrug zum Stichtag 17. September 2014 50,5 Jahre. Dr. Klaubert Ministerin Anlage*) *) Hinweis: Auf den Abdruck der Anlage wurde verzichtet. Ein Exemplar mit Anlage erhielten jeweils die Fraktionen und die Landtagsbibliothek . Des Weiteren kann sie im Abgeordneteninformationssystem unter der oben genannten Drucksachennummer sowie im Internet unter der Adresse: www.parldok.thueringen.de eingesehen werden. Rückblick Schülerunfälle Anzahl der Schüler Schülerunfälle Gesamtanzahl Davon Wegeunfälle Davon im Sportunterricht Davon Pausenunfälle 2014 234.431 41.568 2.901 13.676 7.916 2013 233.953 38.240 2.844 12.491 7.496 2012 235.176 39.462 2.795 13.064 7.841 2011 238.418 39.206 3.086 12.837 7.868 2010 243.789 38.735 3.220 12.663 5.533 Rückblick Art der Verletzung nach Schulunfall, Pausenunfall, Sportunfall Schulunfälle 2010 Art der Verletzung Anzahl Kosten in Euro Gehirnerschütterung 2.130 230.998,55 Hirnprellung 2 1.588,81 Verrenkung 1.091 108.962,32 Geschlossene Fraktur 348 190.875,67 Ausrenkung 19 15.861,44 Zerreißungen 840 138.350,79 weitere Verletzungen 155 28.868,94 Schulunfälle 2011 Art der Verletzung Anzahl Kosten in Euro Gehirnerschütterung 891 95.944,44 Hirnprellung 0 0 Verrenkung 732 77.150,78 Geschlossene Fraktur 161 140.913,96 Ausrenkung 13 2.256,50 Zerreißungen 419 79.662,83 weitere Verletzungen 89 11.390,51 Schulunfälle 2012 Art der Verletzung Anzahl Kosten in Euro Gehirnerschütterung 895 102.294,78 Hirnprellung 0 0 Verrenkung 749 82.999,21 Geschlossene Fraktur 213 107.175,91 Ausrenkung 8 11.220,57 Zerreißungen 453 49.895,23 weitere Verletzungen 55 6.405,99 Schulunfälle 2013 Art der Verletzung Anzahl Kosten in Euro Gehirnerschütterung 854 88.685,95 Hirnprellung 0 0 Verrenkung 717 83.054,44 Geschlossene Fraktur 137 67.130,59 Ausrenkung 16 6.403,28 Zerreißungen 416 91.669,51 weitere Verletzungen 81 15.021,32 Schulunfälle 2014 Art der Verletzung Anzahl Kosten in Euro Gehirnerschütterung 864 90.645,96 Hirnprellung 1 7.495,52 Verrenkung 797 91.390,32 Geschlossene Fraktur 176 81.604,81 Ausrenkung 20 9.585,21 Zerreißungen 410 78.262,33 weitere Verletzungen 65 11.111,70 Pausenunfälle 2010 Art der Verletzung Anzahl Kosten in Euro Gehirnerschütterung 2.894 319.777,88 Hirnprellung 4 2.612,72 Verrenkung 951 86.920,84 Geschlossene Fraktur 427 223.267,62 Ausrenkung 16 10.589,77 Zerreißungen 885 106.598,67 weitere Verletzungen 286 36.089,45 Pausenunfälle 2011 Art der Verletzung Anzahl Kosten in Euro Gehirnerschütterung 3.923 436.638,27 Hirnprellung 0 0 Verrenkung 1.292 115.858,99 Geschlossene Fraktur 642 353.457,09 Ausrenkung 29 12.807,62 Zerreißungen 1.424 163.250,58 weitere Verletzungen 421 57.023,10 Pausenunfälle 2012 Art der Verletzung Anzahl Kosten in Euro Gehirnerschütterung 3.987 463.992,49 Hirnprellung 2 17.400,11 Verrenkung 1.295 115.028,76 Geschlossene Fraktur 678 325.526,94 Ausrenkung 26 15.707,23 Zerreißungen 1.348 137.419,86 weitere Verletzungen 413 49.079,43 Pausenunfälle 2013 Art der Verletzung Anzahl Kosten in Euro Gehirnerschütterung 3.810 447.091,23 Hirnprellung 3 269,41 Verrenkung 1.226 105.377,63 Geschlossene Fraktur 643 384.954,87 Ausrenkung 22 9.053,22 Zerreißungen 1.255 129.860,42 weitere Verletzungen 424 55.298,14 Pausenunfälle 2014 Art der Verletzung Anzahl Kosten in Euro Gehirnerschütterung 4.009 475.287,66 Hirnprellung 1 106,95 Verrenkung 1.258 112.227,29 Geschlossene Fraktur 657 390.254,24 Ausrenkung 27 17.181,16 Zerreißungen 1.371 154.711,43 weitere Verletzungen 462 59.164,88 Sportunfälle 2010 Art der Verletzung Anzahl Kosten in Euro Gehirnerschütterung 4.910 483.357,80 Hirnprellung 8 4.842,44 Verrenkung 4.985 543.402,43 Geschlossene Fraktur 1.497 1.310.469,89 Ausrenkung 136 82.172,62 Zerreißungen 862 542.012,81 weitere Verletzungen 182 27.608,83 Sportunfälle 2011 Art der Verletzung Anzahl Kosten in Euro Gehirnerschütterung 4.788 477.850,93 Hirnprellung 5 3.943,39 Verrenkung 5.143 537.177,18 Geschlossene Fraktur 1.547 846.952,05 Ausrenkung 129 98.994,69 Zerreißungen 981 557.786,4 weitere Verletzungen 169 20.309,47 Sportunfälle 2012 Art der Verletzung Anzahl Kosten in Euro Gehirnerschütterung 5.038 511.721,73 Hirnprellung 11 5.579,04 Verrenkung 5.161 533.772,03 Geschlossene Fraktur 1.574 952.932,19 Ausrenkung 120 84.756,18 Zerreißungen 877 534.711,97 weitere Verletzungen 188 19.910,93 Sportunfälle 2013 Art der Verletzung Anzahl Kosten in Euro Gehirnerschütterung 4.595 499.972,43 Hirnprellung 10 2.729,53 Verrenkung 5.066 525.606,14 Geschlossene Fraktur 1.528 822.577,87 Ausrenkung 112 111.123,94 Zerreißungen 925 667.727,79 weitere Verletzungen 163 20.201,41 Sportunfälle 2014 Art der Verletzung Anzahl Kosten in Euro Gehirnerschütterung 5.177 520.078,06 Hirnprellung 4 1.228,44 Verrenkung 5.439 559.581,62 Geschlossene Fraktur 1.555 723.916,78 Ausrenkung 142 143.066,54 Zerreißungen 1.027 673.471,67 weitere Verletzungen 207 26.804,92