01.09.2015 Drucksache 6/994Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 14. September 2015 Entgeltberechnungen für die Weiterverwendung öffentlicher Daten - hier: Geodaten Die Kleine Anfrage 418 vom 22. Juli 2015 hat folgenden Wortlaut: Die technische Bereitstellung von raumbezogenen Umweltdaten erfolgt gemäß der Richtlinie 2007/2/EG zur Schaffung einer Geodateninfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft (INSPIRE-Richtlinie) durch die europaweite Geodateninfrastruktur (GDI). Der rechtliche Zugang zu Umweltinformationen einschließlich deren Bereitstellungskosten wird u.a. durch das Thüringer Umweltinformationsgesetz (ThürUIG) oder dem Gesetz über die Weiterverwendung von Informationen öffentlicher Stellen (Informationsweiterverwendungsgesetz - IWG) geregelt. Im Freistaat Thüringen ist die landesweite GDI-Th technisch durch die Softwarekomponenten des Geoproxy realisiert worden. Mit Hilfe des Geoproxy werden die Geodaten der Landesverwaltungen des Freistaats über das Landesdatennetz oder das Internet u.a. in Form von Datendiensten bereitgestellt. Aus der Antwort auf die Kleine Anfrage vom 19. Dezember 2014 in Drucksache 6/67 geht hervor, dass für den Betrieb der zentralen technischen Geodatenhaltungs- und Bereitstellungskomponenten des Geoproxy beim zentralen IT-Dienstleister ca. 50.000 Euro haushaltswirksam aufgewendet werden. Gemäß der Thüringer Verwaltungskostenordnung für das amtliche Vermessungswesen übersteigt die Bereitstellung raumbezogener Umweltdaten gemäß INSPIRE-Richtlinie Anhang I bis III ein vielfaches der jährlichen Betriebskosten für den Geoproxy (beispielsweise DGM1/355.000 Euro; Katasterdaten/965.000 Euro; DLM/40.000 Euro). Ich frage die Landesregierung: 1. Wird die Thüringer Verwaltungskostenordnung für das amtliche Vermessungswesen auch für Bürgeranfragen angewandt, welche einen Antrag auf die intellektuelle, d.h. nicht kommerzielle Nutzung der Geodaten stellen und wenn ja, wie begründet die Landesregierung diese Regelung vor dem Hintergrund, dass das eben genannte Nutzungsszenario die Schaffung von Mehrwertprodukten aus amtlichen Geodaten ausschließt? 2. Kann vor dem Hintergrund der beträchtlichen Gebührenhöchstsätze für Geobasisdaten tatsächlich jeder Bürger das Recht auf Zugang zu Umweltinformationen gemäß § 12 Abs. 2 ThürUIG wirksam in Anspruch nehmen? 3. Welche Grenzkosten zur Abgabe von raumbezogenen Umweltdaten an natürliche und juristische Personen werden seitens der Landesregierung unter der Maßgabe der Datenbereitstellung über die INSPIRERichtlinie -konformen Downloaddienste veranschlagt und wie setzen sie sich zusammen (bitte differenziert nach kommerziellen und nichtkommerziellen Nutzungsszenarien aufschlüsseln)? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Krumpe (fraktionslos) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/994 4. Nach welchen objektiven, transparenten und überprüfbaren Kriterien wurden die Gebührensätze für Informationen öffentlicher Stellen - hier Geobasisdaten -, welche gemäß § 5 Abs. 1 IWG sich lediglich auf die Kosten für die Reproduktion, Bereitstellung und Weiterverbreitung von Datensätzen beschränken sollen, festgelegt? 5. Wie begründet die Landesregierung, dass die Kosten für die diensteorientierte Bereitstellung von Umweltinformationen gemäß der INSPIRE-Richtlinie und deren Durchführungsbestimmungen die jährlichen Gesamtkosten für den Betrieb und die Wartung der technischen Infrastruktur (Geoproxy) übersteigt? 6. Besteht aus Sicht der Landesregierung Handlungsbedarf, die Gebührensätze für Geobasisdaten in der Thüringer Verwaltungskostenordnung für das amtliche Vermessungswesen soweit anzupassen, dass sich diese ausschließlich auf die tatsächlichen Kosten zur Wartung und dem Betrieb der GDI-Th beschränken und wenn nein, welche Umstände sprechen dagegen? 7. Besteht aus Sicht der Landesregierung Handlungsbedarf, die Thüringer Verwaltungskostenordnung für das amtliche Vermessungswesen aufgrund der bevorstehenden Novellierung des Informationsweiterverwendungsgesetzes anzupassen und wenn nein, welche Umstände sprechen dagegen? 8. Besteht aus Sicht der Landesregierung Handlungsbedarf, die Thüringer Verwaltungskostenordnung für das amtliche Vermessungswesen aufgrund des Koalitionsvertrags und den darin geforderten OpenDataPrinzipien für staatliche Daten und Informationen anzupassen und wenn nein, welche Umstände sprechen dagegen? 9. Welche Umstände führen dazu, dass die Datenabgabe in einem proprietären Datenformat (ESRI ShapeFormat ) günstiger angeboten wird, als die Abgabe in einem offenen maschinenlesbaren und standardisierten Austauschformat (NAS)? 10. Im Fall, dass die preiswertere Datenabgabe im ESRI Shape-Format gegenüber dem NAS-Standard aufgrund reduzierter Objekteigenschaften zurückzuführen ist, welche Objekteigenschaften können im Shape-Format nicht berücksichtigt werden und warum nicht? 11. Wie hoch ist der Personaleinsatz zur Datenformatstransformation von NAS zu ESRI Shape-Format und wie werden diese Kosten durch die reduzierten Bereitstellungskosten im ESRI Shape-Format berücksichtigt? 12. Inwiefern haftet die zuständige Landesbehörde für Qualitätsmängel an den Geobasisdaten, die beispielsweise durch Datenmodellierungsfehler gegenüber der GeoInfoDok entstehen können und wie wirken sich offensichtliche Fehler in den Daten auf die Gebührenrückerstattung im Nachhinein aus? Das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft hat die Kleine Anfrage namens der Landesre gierung mit Schreiben vom 31. August 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die Thüringer Verwaltungskostenordnung für das amtliche Vermessungswesen (ThürVwKostOVerm) ist auch für die Abgabe von Geobasisdaten für eine nichtkommerzielle Nutzung anzuwenden. Die Schaffung von Mehrwertprodukten aus amtlichen Geobasisdaten, die im Übrigen regelmäßig eine kommerzielle Nutzung darstellt, wird durch die Kostenpflicht für die nichtkommerzielle Nutzung nicht ausgeschlossen. Zu 2.: Neben der kostenpflichtigen Bereitstellung stehen den Bürgern die Geobasisdaten im Geoproxy kostenfrei zur Ansicht bzw. Einsicht zur Verfügung, so dass das Recht auf Zugang zu Umweltinformationen wirksam in Anspruch genommen werden kann. Darüber hinaus sind die Daten aus dem Geschäftsbereich des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz, die unter das Thüringer Umweltinformationsgesetz (ThürUIG) fallen, schon jetzt nicht mit Nutzungsgebühren belegt. Zu 3.: Für die Datenbereitstellung über INSPIRE-konforme Downloaddienste sind derzeit keine Festlegungen zu Gebühren bzw. Grenzkosten getroffen. 3 Drucksache 6/994Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 4.: Die Regelungen des § 5 Abs.1 Gesetz über die Weiterverwendung von Informationen öffentlicher Stellen – Informationsweiterverwendungsgesetz (IWG) sind erst am 17. Juli 2015 in Kraft getreten. Die Prüfung, ob und wie sich gegebenenfalls die Bestimmungen des Informationsweiterverwendungsgesetzes auf die Gebührensätze auswirken, ist noch nicht abgeschlossen (vgl. Antwort zu Frage 7). Zu 5.: Die Gebühren für Geobasisdaten fallen unabhängig davon an, ob diese "diensteorientiert" oder Offline bereitgestellt werden. Die Gesamtkosten für den Betrieb und die Wartung der technischen Infrastruktur (Geoproxy ) sind bei der Gebührenbemessung ohne Bedeutung, da diese auf Grundlage der Gebührenempfehlungen der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland (AdV) erfolgt. Grundlage der AdV-Gebühren empfehlungen sind die in Europa und Deutschland geltenden Gebührengrundsätze, wie Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip. Zu 6.: Nein, die Kosten für die GDI-Th stehen in keinem Sachzusammenhang zu den Gebührensätzen von Geobasisdaten . Zu 7.: Nein, in der Begründung zur IWG-Novelle heißt es: "Es ist in einer kursorischen Einschätzung nicht davon auszugehen, dass in Fällen, in denen öffentliche Stellen heute Entgelte für die Weiterverwendung verlangen , diese korrigiert werden müssen. Das öffentlich-rechtliche Gebührenwesen – insbesondere das dort vorherrschende Kostendeckungsprinzip – bleibt unberührt." Zu 8.: Es ist beabsichtigt, die Open-Data-Prinzipien unter anderem in dem Landesprogramm "Offene Geodaten" umzusetzen. In diesem Zusammenhang wird Handlungsbedarf zur Anpassung der Thüringer Verwaltungskostenordnung für das amtliche Vermessungswesen gesehen. Zu 9.: Beim ESRI Shape-Format handelt es sich um ein Datenabgabeformat, das im Vergleich zur NAS Vektordaten mit eingeschränkter Objektstruktur enthält. Zu 10.: Das ESRI Shape-Format besitzt gegenüber den komplexen AAA-Strukturen eine vereinfachte ebenenorientierte Datenstruktur. Es erfolgt insbesondere eine • Bündelung semantisch zusammengehöriger Objektarten in thematischen Ebenen, • Auflösung multipler Relationen, Attribute und Vererbungen, • Direktanbindung attributiver Informationen an die jeweiligen Objektgeometrien, • weitestgehende Anbindung nicht raumbezogener Informationen an die relevanten Objekte mit Raumbezug. Die komplexe Struktur der Eigentumsverhältnisse des Liegenschaftskatasters verhindert zudem eine vollständige Abbildung im Format Shape, da Verschachtelungen und Multiplizitäten von Attributen grundsätzlich nicht möglich sind. Details sind unter http://www.adv-online.de/AdV-Produkte/Standards-und-Produktblaetter / einsehbar. Zu 11.: Die Datenformattransformation erfolgt mit einer FME-Workbench (Konvertierungsprogramm), die im Anschluss an die NAS-Erzeugung gestartet werden kann. Der dafür erforderliche Personaleinsatz kann wegen des hohen Automationsgrades als sehr gering bzw. als zu vernachlässigend betrachtet werden. Zu 12.: Die zuständige Landesbehörde, das Landesamt für Vermessung und Geoinformation (TLVermGeo), haftet gemäß den Allgemeinen Geschäfts- und Nutzungs bedingungen (AGNB) für Sach- und Vermögensschäden, die einem Lizenznehmer durch die Nutzung der Daten, Dienste bzw. sonstigen Produkte oder den Ausfall der Dienste entstehen, nur bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzung. Für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit sowie für Schäden aus der Verletzung einer wesentlichen Vertragspflicht besteht die Haftung bereits bei einfacher Fahrlässigkeit. Die AGNB sind einsehbar unter http://www.thueringen.de/mam/th9/tlvermgeo/agnb-tlvermgeo.pdf. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/994 Haftungsfälle und Gebührenrückerstattungen hat es in der Vergangenheit nicht gegeben. Sofern Fehler in den Daten seitens der Nutzer gemeldet werden, erfolgte seitens des TLVermGeo regelmäßig eine Mängelbeseitigung . Keller Ministerin