02.09.2015 Drucksache 6/996Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 17. September 2015 Informationslage des Ministerpräsidenten Die Kleine Anfrage 407 vom 10. Juli 2015 hat folgenden Wortlaut: Auf der Homepage der Thüringer Staatskanzlei wurde die Teilnahme des Ministerpräsidenten Thüringens beim Deutschen Bauerntag 2015 in Erfurt dokumentiert.1 In der Berichterstattung wurde auch auf das Grußwort von Ministerpräsident Ramelow eingegangen. Demnach hat der Ministerpräsident dort gesagt, Thüringen strebe "eine Null-Versiegelungs-Strategie an" und nicht mehr gebrauchte Flächen, z.B. alte Industriebrachen , sollten als Ausgleich für Neubauprojekte in Zukunft verstärkt entsiegelt werden. Zur Entwicklung der Bodenpreise wird der Ministerpräsident mit den Worten zitiert: "Es besorgt mich, wenn internationale Hedgefonds hier in Größenordnungen Zehntausende Hektar kaufen wollen." (siehe unten angegebene Internetadressen ). Offenbar um den hohen Wert von Nahrungsmitteln zu unterstreichen, hat der Ministerpräsident auch gegenüber der Tageszeitung "Die Welt" gesagt: "Ich finde es eine Katastrophe, wenn Mineralwässer im Supermarkt teurer sind als Milch."2 Ich frage die Landesregierung: 1. Plant die Landesregierung eine "Null-Versiegelungs-Strategie" und bis wann soll diese umgesetzt werden? 2. Wie verhält sich die vom Ministerpräsidenten angekündigte "Null-Versiegelungs-Strategie" zum Ziel der Landesregierung, den Flächenverbrauch bis 2025 auf "Netto Null" zu bringen? 3. Mit welchen vorhandenen Förderinstrumenten und Fördervolumen will die Landesregierung die vom Ministerpräsidenten angekündigte "Null-Versiegelungs-Strategie" untersetzen? 4. Plant die Landesregierung neue Förderinstrumente, um verstärkt alte Industriebrachen zu entsiegeln und wie sollen diese Förderinstrumente ausgestaltet werden? 5. Welche allgemeinen oder konkreten Erkenntnisse liegen der Landesregierung darüber vor, dass "internationale Hedgefonds hier in Größenordnungen Zehntausende Hektar kaufen wollen" und bezog sich diese Aussage auf Thüringen? 6. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung darüber, ob und gegebenenfalls wie viele Hektar Flächen in den letzten Jahren durch "internationale Hedgefonds" in Thüringen gekauft wurden (bitte Daten im Zeitraum von 2000 bis 2015 aufführen)? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Dr. Voigt (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/996 7. Wie plant die Landesregierung mit dem Wunsch von Investoren umzugehen, in Thüringen Land zu erwerben bzw. mit dem Wunsch von Landbesitzern, ihren Besitz zu veräußern? 8. Welche allgemeinen oder konkreten Erkenntnisse liegen der Landesregierung darüber vor, dass "Mineralwässer im Supermarkt teurer sind als Milch" und bezog sich diese Aussage auf Thüringen? Das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 31. August 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1. und 2.: Die sogenannte Null-Versiegelungs-Strategie ist im Sinne der bisher angestrebten kontinuierlichen Reduktion der Flächenneuinanspruchnahme sowie dem gleichzeitigen aktiven Flächenrecycling (Ausgleich in der Summe) zu verstehen. Es wird auf die Antwort zur Frage 1 der Kleinen Anfrage Nr. 280 (Drucksache 6/723) verwiesen. Zu 3.: Die nachhaltige Flächenhaushaltspolitik des Freistaates Thüringen wird direkt und indirekt mit verschiedenen Förderinstrumenten umgesetzt. Der Erhalt und Schutz der Umwelt sowie die Förderung der Ressourceneffizienz ist in der neuen EU Förderperiode 2014 2020 als ein Querschnittsziel definiert. Das Thema Flächensparen ist insofern in den Operationellen Programmen des Freistaates Thüringen sowohl im EFRE wie auch im ELER verankert und bei der Umsetzung der Maßnahmen zu berücksichtigen. Das Flächensparen wurde in die Entwürfe der Förderrichtlinien für beide Fonds aufgenommen. So wird im EFRE die bewährte Maßnahme Revitalisierung von Brachflächen im Rahmen der nachhaltigen Stadt und Ortsentwicklung mit einem Fördermittelvolumen von 20 Millionen Euro weitergeführt, während im ELER die neue Maßnahme "Revitalisierung von Brachflächen" (Fördermittelvolumen: 13 Millionen Euro) aufgenommen wurde. Darüber hinaus ist das Thema Flächensparen auf nationaler Ebene beispielsweise in die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (GAK) eingeflossen. Dabei ist seit 2013 der Vorrang der Innen vor der Außenentwicklung im Rahmenplan der GAK verankert. Thüringen setzt beim Flächensparen auf die bewährten und sich gegenseitig ergänzenden Instrumente der nachhaltigen Stadtund Ortsentwicklung (integrierte Stadtentwicklungskonzepte) und die Instrumente der Integrierten Ländlichen Entwicklung (ILE). Insbesondere bei der Dorfentwicklung (z.B. zweistufige Vitalitätsprüfung), Flurneuordnung und LEADER greifen Planung, Investitionsförderung und Neuordnung von Eigentum und Nutzung ineinander. Des Weiteren wird in der Städtebauförderung die Erneuerung und Weiterentwicklung, insbesondere innerörtlicher Bereiche, gefördert. Hierdurch werden Stadt- und Ortsteile an die Bedürfnisse der Bürger angepasst und somit wieder zu einem attraktiven Wohnstandort. Als Folge sinkt der Bedarf der Neuausweisung von Wohnbauflächen. Durch die Kombination verschiedener Förderinstrumente wird daher ein entscheidender Beitrag zum Schutz der Ressource Boden geleistet. Zu 4.: Die Landesregierung unterstützt finanziell die Revitalisierung von Brachflächen, zu denen auch alte Industriebrachen gehören können. Fördermöglichkeiten bestehen nunmehr aufgrund der Richtlinie zur Förderung der integrierten ländlichen Entwicklung und der Revitalisierung von Brachflächen (FR ILE/REVIT) und der Richtlinie zur Förderung städtebaulicher Maßnahmen (ThStBauFR). Die finanzielle Ausstattung ist der Antwort zur Frage 3 zu entnehmen. Zu 5.: Die Aussage bezog sich auf die globalen Gefahren, die von internationalen Hedgefonds ausgehen können. Zu 6.: Der Landesregierung sind für Thüringen keine spezifischen Zahlen über getätigte Ankäufe von Hedgefonds bekannt. 3 Drucksache 6/996Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 7.: Der Kauf und Verkauf von landwirtschaftlichem Grund ist bundesrechtlich normiert. Das Gesetz über Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur und zur Sicherung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe (Grundstücksverkehrsgesetz - GrdstVG) vom 28. Juli 1961 regelt das Genehmigungsverfahren zur rechtsgeschäftlichen Veräußerung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke. Ziel und Zweck des Grundstücksverkehrsgesetzes ist es, die Agrarstruktur zu erhalten. Das vorgeschriebene Genehmigungsverfahren dient dabei nicht der Lenkung des landwirtschaftlichen Grundstücksverkehrs, sondern der Abwehr von Gefahren für die Agrarstruktur und der Sicherung selbstständiger und lebensfähiger Agrarbetriebe. Das Grundstücksverkehrsgesetz soll darüber hinaus verhindern, dass land- und forstwirtschaftlicher Grund und Boden zu objektiv überhöhten Preisen gehandelt wird und Landwirte dadurch vom Erwerb ausgeschlossen werden. Das Grundstücksverkehrsgesetz ist das einzige Mittel der öffentlichen Hand, um Einfluss auf den Kauf und Verkauf landwirtschaftlicher Flächen im Sinne einer Kaufpreisbegrenzung nehmen zu können. Zu 8.: Nach zwei Rekordjahren (2013/2014) mit Milcherzeugerpreisen von über 37 ct/kg Milch sind die Milcherzeugerpreise in diesem Jahr erheblich unter Druck geraten. Seit Jahresbeginn bewegt sich das nationale Preisniveau um die 30 ct/kg Milch mit fallender Tendenz. In Thüringen lag der Milcherzeugerpreis erstmals im März 2015 unter 30 ct/kg mit bisher stagnierendem Verlauf (Mai 2015 – 29,9 ct/kg Milch). Für die Thüringer Milcherzeuger stellt diese Entwicklung eine sehr schwierige Situation dar. Hinsichtlich der Preise von Mineralwässern ist bekannt, dass das sehr breite Preisspektrum in diesem Sortiment die zitierte Aussage des Ministerpräsidenten zu unterstützen vermag. Im deutschen Einzelhandel sind Mineralwässer mit einem Preis von mehr als 30 ct/l keine Seltenheit. Im Kontext des Zitates hat der Ministerpräsident beim Deutschen Bauerntag 2015 eine Diskussion über den Wert von Nahrungsmitteln in unserer Gesellschaft gefordert. Damit hat er ein grundsätzliches Problem angesprochen. Keller Ministerin Endnote: 1 http://www.thueringen.de/th1/tsk/aktuell/veranstaltungen/84993/ 2 http://www.welt.de/regionales/thueringen/article143037042/RamelowwillSchlussmitVersiegelungvonAeckern machen.html